Krishna-Gopakumara |
Materieller
vs. Spiritueller Genuß
A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada
Es
ist notwendig, daß wir erfahren, wie wir das Srimad- Bhagavatam genießen können,
das erhabenste Buch über die Gotteswissenschaft; die reifste Frucht am Baume der
vedischen Weisheit. Das Sanskrit-Wort rasa bedeutet Saft, gleich dem Saft einer
Orange oder einer Mango-Frucht. Und der Verfasser des Srimad-Bhagavatam bittet
uns zu versuchen, den rasa oder den Saft der Frucht des Bhagavatam zu kosten.
Warum? Warum sollten wir den Saft der Frucht des Bhagavatam kosten? Weil es die
reifste Frucht des vedischen Wunschbaumes ist. Genau wie bei einem Wunschbaum,
geben einem die Veden alles, was man begehrt. Veda bedeutet Wissen; dieses Wissen
ist so vollkommen, daß es uns nicht nur den Weg zu höchster Freude und Erfüllung
im spirituellen Leben zeigt, sondern auch zu Freude in der materiellen Welt. Wenn
wir den vedischen Prinzipien folgen, dann werden wir glücklich. Das ist so wie
mit den Gesetzen eines Landes. Wenn der Bürger den Gesetzen folgt, dann wird auch
sein Glück nicht gestört. Es kommt niemand grundlos zu ihm, um ihn zu belästigen.
Wenn man also nach den Gesetzen lebt, wird man auch in seinem Glück ungestört
sein.
Die bedingten Seelen,
die Lebewesen, sind in diese vergängliche Welt gekommen, um Genuß und irdisches
Glück zu finden. Und die Veden geben die Unterweisung: Gut, genießt -aber sucht
euer Glück und eure Freunde im Sinne dieser Prinzipien. Das wird Veda genannt.
Es ist also alles da. Genauso wie wir manchmal eine Trauung im Tempel vollziehen.
Was ist die Bedeutung einer solchen Trauung? Mann und Frau oder Junge und Mädchen
werden vereint. Sie sind beide schon da, sie leben wie Freunde - warum dann überhaupt
eine Trauung? Weil es die Veden vorschreiben: man lebt zusammen, hat Sex miteinander,
aber befolgt gewisse Regeln, um glücklich zu werden. Das Endziel besteht darin,
glücklich zu werden. Wenn man den vedischen Regeln und Vorschriften folgt, bedeutet
das nicht, daß man nichts mehr essen darf oder nicht mehr schlafen, daß man sich
nicht mehr verteidigen und kein Sexualleben haben darf. So ist das nicht. Unsere
Körper benötigen das gleiche wie auch die Körper der Tiere. Auch die Tiere essen
und schlafen, vermehren und verteidigen sich. Wir brauchen diese Dinge also auch.
Aber die Veden schreiben einige Regeln vor, damit wir, wenn wir nach diesen Regeln
leben, glücklich werden. Denn wenn wir diesen Regeln folgen, dann werden wir letztlich
frei von allen irdischen Verstrickungen.
Dieses materielle
Dasein ist nicht für die Geistesseele bestimmt. Es ist einfach ein Irrtum, daß
wir dieses materielle Leben genießen wollen. Aber Krishna, der Höchste Herr, gibt
uns bestimmte Unterweisungen, damit wir Freude haben können, aber in einer solchen
Weise, daß wir letztlich verstehen werden, daß dies nicht unser eigentliches Leben
ist - denn unser eigentliches Leben ist spirituell. Dieses Leben als Mensch erreicht
seine Vollkommenheit, sobald uns klar wird, daß es ein spirituelles Dasein gibt,
sobald wir erkennen, daß wir Brahman sind. Wenn wir allerdings kein Interesse
für ein spirituelles Leben haben, dann müssen wir wie die Tiere leben. Es ist
durchaus möglich, daß unser nächstes Leben dann ein Leben als Tier sein wird.
Und wenn wir wirklich durch Zufall oder durch eine Laune der Natur zu Tieren geworden
sind, dann dauert es Millionen und Abermillionen von Jahren, ehe wir wieder Menschen
werden. Das menschliche Leben ist also zur Selbstverwirklichung bestimmt, und
die Veden unterweisen uns darin.
In der Bhagavad-gita
sagt Krishna, daß das Studium der Veden oder das Befolgen der Regeln und Vorschriften
uns dazu bringen kann, Krishna-Bewußtsein zu verstehen. Das gleiche sagt auch
das Srimad-Bhagavatam. Die Veden geben uns also die Möglichkeit, nach vielen,
vielen Leben Krishna zu verstehen. Das Bhagavatam wird die Essenz des Lebens genannt,
die reifste Frucht der Veden, weil uns das Bhagavatam genau das gibt, was wir
in diesem Leben brauchen.
Die Veden sind
in vier Teile eingeteilt: Sama Veda, g Veda, Atharva Veda und Yajus Veda. Diese
werden dann durch die Purasas erklärt, von denen es 18 gibt und diese wiederum
werden dann von den Upanisaden erklärt, von denen es 108 gibt. Die Essenz der
Upanisaden findet sich im Vedanta-sutra und das Vedanta-sutra wird wiederum vom
gleichen Verfasser im Srimad-Bhagavatam erklärt. So sind die vedischen Schriften
aufgebaut. Deshalb ist das Srimad-Bhagavatam die Essenz des gesamten vedischen
Wissens.
NaimisaraNya ist
ein heiliger, weithin bekannter Wald im Norden Indiens. Alle Rishis, alle großen
Weisen, gehen gewöhnlich dorthin, um in geistiger Erkenntnis weiter voranzukommen.
In diesem Zeitalter wurde das Srimad-Bhagavatam zuerst in diesem Wald verkündet.
Damals fragten die Zuhörer den großen Weisen Suta Gosvami: "Krishna ist nun
in Sein Reich zurückgekehrt, aber wem ist nun dieses transzendentale Wissen gegeben?"
Diese Frage wurde gestellt. Die Bhagavad-gita wurde direkt von Krishna verkündet,
und in ihr werden eingehend jnana-yoga, kama-yoga, dhyana-yoga und bhaktiyoga
behandelt. Jetzt aber wurde gefragt: "Wo können wir jetzt, da Krishna fort
ist, spirituelles Wissen erlangen?" Und die Antwort darauf war, daß Krishna
nach Seinem Fortgang das Srimad-Bhagavatam für uns zurückgelassen hat. Das Srimad-Bhagavatam
vertritt Krishna. Es vertritt Ihn durch Seinen Klang, durch Seine Lautschwingung..
Das Srimad-Bhagavatam ist genau wie die Bhagavad-gita mit Krishna identisch -
beide Bücher sind absolut. Krishna und die Lautschwingung Krishnas sind identisch.
Krishna und Krishnas Name sind identisch. Und auch Krishna und Krishnas Gestalt
sind identisch. Er ist absolut. Man muß Erkenntnis erlangen, um dies zu verstehen.
Die Bhagavad-gita
und das Srimad-Bhagavatam sind Inkarnationen von Krishnas Worten. Das Srimad-Bhagavatam
ist die Frucht des vedischen Wissens. Sie kennen sicherlich einen Papagei. Er
ist grün und hat einen roten Schnabel. Der Papagei spricht nach, was man ihm vorsagt
-das ist sein besonderes Talent. Der Papagei kostet nur die reife Frucht am Baum,
die durch ihre Reife besonders gut schmeckt, und diese Frucht schmeckt noch besser,
wenn der Papagei ein Stück von ihr genommen hat. So hat es die Natur eingerichtet.
Hier also steht, daß das Srimad-Bhagavatam die reife Frucht des vedischen Wissens
ist und von Sukadeva Gosvami, Sutas geistigem Meister, berührt wird. Suka bedeutet
in Sanskrit: Papagei.
Dieses Srimad-Bhagavatam
wurde zuerst von Sukadeva Gosvami verkündet, obgleich sein Vater, Vyasa, der Verfasser
ist. Sukadeva war erst sechzehn Jahre alt, als ihm das Bhagavatam verkündet wurde
und er die höchste Erkenntnis erlangte. Befreiung hatte er schon vorher erlangt,
und zwar im unpersönlichen Aspekt des Höchsten. Als er jedoch das Bhagavatam von
seinem Vater hörte, begannen ihn die göttlichen Spiele Krishnas unwiderstehlich
anzuziehen, und er selbst zog aus, das Bhagavatam zu verkünden. Zuerst verkündete
er es dem König Maharaja Pariksit. Maharaja Pariksit war ein sehr guter König,
fromm und rechtschaffen, aber weil sein Verhalten in einigen Situationen nicht
ganz dem eines großen Königs entsprach, wurde er von dem Sohn eines brahmana verflucht.
Er sollte sterben, und zwar noch vor Ablauf der folgenden sieben Tage. Es war
damals so, daß der Fluch eines brahmana wahr wurde. Die brahmanas hatten die Macht,
jemanden zu verfluchen oder zu segnen.
Maharaja Pariksit
wußte, daß er binnen einer Woche sterben würde, und somit bereitete er sich darauf
vor. Er übergab das Königreich seinem Sohn Maharaja Janamejaya, löste alle Bindungen
an die Familie und setzte sich an das Ufer des Yamuna, in der Nähe des heutigen
Delhi. Und da er ein großer König war, kamen viele gelehrte Weise dorthin.
Und Pariksit fragte
nun all die großen Weisen, die sich dort eingefunden den hatten: "Was ist
eigentlich meine Pflicht? Ich werde in sieben Tagen sterben. Was ist jetzt meine
Pflicht? Ihr seid alle große Weise, bitte, unterweist mich." Einer der Anwesenden
schlug vor, yoga zu praktizieren, andere, nach jnana nach Wissen zu streben. Es
wurden also verschiedene Dinge vorgeschlagen. Aber dann kam Sukadeva Gosvami dorthin,
und obwohl er gerade erst sechzehn Jahre alt war, war er doch so gelehrt und weithin
bekannt, daß sich all die alten Weisen, sogar sein eigener Vater, Vyasadeva, erhoben,
um ihm ihre Ehrerbietung zu erweisen. Ein solches Wissen besaß er. Als er erschien,
wurde einstimmig von allen Anwesenden beschlossen: "Hier ist Sukadeva Gosvami.
Er soll sagen, was zu tun ist. Er soll für uns alle sprechen."
Sukadeva wurde
also zum Sprechen bevollmächtigt, und ihm wurde die Frage gestellt: "Was
ist meine Pflicht? Es ist mein gutes Geschick, daß Du zu dieser Stunde gekommen
bist. Sage mir bitte, was ich tun muß."
Sukadeva Gosvami
sagte: "Gut, ich werde Dir das Srimad-Bhagavatam verkünden." Alle Anwesenden
stimmten zu.
Das Srimad-Bhagavatam
wurde zuerst von Sukadeva Gosvami verkündet, und weil eine reife Frucht, die ein
Papagei berührt hat, noch besser schmeckt, sagt man, daß das Srimad-Bhagavatam
durch die Berührung Sukadeva Gosvamis noch köstlicher geworden ist.
Das bedeutet, daß
man die Veden und besonders das Srimad-Bhagavatam oder die Gita nur hören darf,
wenn sie von einer selbstverwirklichten Seele gesprochen werden. Insbesondere
die heiligen Schriften, die zu den Vaisnava-Schriften gehören, sollte man nur
hören, wenn sie von Gottgeweihten gesprochen werden. Darauf habe ich schon wiederholt
hingewiesen.
Die Nicht-Gottgeweihten,
die theoretisierenden Denker, diejenigen, die nach den Früchten ihres Tuns streben,
diejenigen, die meditieren, und die yogis, sind außerstande, die Gotteswissenschaft
zu erklären. Das wird besonders noch von Sanatana Gosvami, einem anderen großen
Weisen, hervorgehoben: "Alle diejenigen, die Gott nicht liebend dienen, die
Gottlosen, die nicht an Gott glauben, diese Menschen haben kein Recht, über die
Bhagavad-gita oder das Srimad-Bhagavatam oder überhaupt über eine heilige Schrift
zu sprechen." Nicht jeder kann also einfach über das Bhagavatam oder die
Gita sprechen, und wir müssen uns dies dann anhören. Nein. Sanatana Gosvami verbietet
uns das nachdrücklich. Wir sollten nicht über Gott von jemandem hören, der nicht
gereinigt ist.
Vielleicht wird
man jetzt fragen: "Wie können die Worte Krishnas befleckt werden, die doch
transzendental und vollkommen rein sind? Was schadet es schon, wenn wir von Nicht-Gottgeweihten
hören? " Wir können darauf nur erwidern, daß Milch sehr gesund und nahrhaft
ist, aber wenn sie von einer Schlange berührt wird, so wird sie augenblicklich
zu Gift. Die Schlange ist voller Neid. Sie beißt und tötet sofort, ohne Grund.
Sie gilt deshalb als das grausamste Tier unter allen Lebewesen. Die Shastras -
wie alle heiligen Schriften - ermahnen uns zu Gewaltlosigkeit, aber Schlangen
und Skorpione darf man töten. Es ist also falsch zu sagen, daß Milch sehr nahrhaft
ist und wir sie ruhig trinken können
-was macht es schon,
wenn eine Schlange die Milch berührt hat! Nein, der Tod wird die Folge sein! Wenigstens
die Bhagavad-gita und das Srimad-Bhagavatam dürfen wir nicht von Nicht-Gottgeweihten
hören, die keine Erkenntnis von Gott haben und die auf Ihn neidisch sind. Die
Berührung solcher Menschen vergiftet alles. Die Worte Gottes sind immer erhaben,
aber sobald sie von einer Schlange in Form eines Nicht-Gottgeweihten berührt werden,
muß man sich sehr vor dem Hören hüten.
Das Bhagavatam
sagt, daß es noch köstlicher wurde, weil Sukadeva mit ihm in Berührung gekommen
war. Darin liegt der Unterschied. Das Bhagavatam ist die reife Frucht vedischer
Erkenntnis, aber gleichzeitig kam auch diese Frucht mit Sukadeva Gosvami in Berührung.
Gott ist das Höchste
Ziel des yoga und der Urgrund aller transzendentalen Freuden. Er offenbart sich
nur denjenigen, die Ihm bedingungslos ihr Leben geweiht haben, und durch die Gnade
der Gottgeweihten können alle Seine unmittelbare Gegenwart erleben.
KRISHNA,
DER URGRUND ALLER FREUDE
Krishna - dieser
Klang ist transzendental. Krishna bedeutet höchste Freude. Wir alle suchen nach
Freude - jedes Lebewesen. Aber wir haben den wirklichen Weg, auf dem diese Freude
zu finden ist, vergessen. Durch unsere materialistische Lebensauffassung wird
es uns ständig unmöglich gemacht, wahre Freude zu erleben, weil wir nicht wissen,
auf welcher Ebene wirkliche Freude erlebt werden kann. In den vergangenen Wochen
haben wir gelernt, daß wir nicht dieser Körper sind. Wir sind Bewußtsein. Eigentlich
nicht Bewußtsein, denn das Bewußtsein ist das Kennzeichen unserer wahren Identität:
wir sind reine Geistesseele, die jetzt in diesen materiellen Körper eingegangen
ist. Die heutige materialistische Wissenschaft vernachlässigt diese Tatsache vollkommen.
Deshalb findet man bei den Wissenschaftlern nur allzu oft ein unzulängliches Verständnis
von der Geistesseele. Aber die Geistesseele existiert. Das kann jeder durch das
Vorhandensein des Bewußtseins begreifen. Jedes Kind kann verstehen, daß Bewußtsein
das Merkmal der Geistesseele ist.
Alles, was wir
aus der Bhagavad-gita (Der Gesang Gottes) zu lernen versuchen, ist, auf diese
Stufe des Bewußtseins zu gelangen. Und wenn wir von der Stufe des Bewußtseins
ausgehend handeln, dann können wir nicht wieder auf die Stufe des Materialismus
zurückfallen. Wenn wir auf der Stufe des Bewußtseins bleiben können, wenn es uns
gelingt, in geläutertem Bewußtsein zu handeln, dann werden wir beim Verlassen
dieses Körpers von allem Schmutz der Materie frei werden; unser geistiges Leben
wird wieder erwachen, und die Folge davon ist, daß wir nach Verlassen dieses Körpers
in unserem nächsten Dasein unser erfülltes, ewiges, transzendentales Leben erlangen.
Die Seele ist, wie wir schon besprochen haben, unvergänglich ewig. Auch nach Auflösung
dieses Körpers, wird das Bewußtsein nicht zerstört. Das Bewußtsein wird auf einen
anderen Körper übertragen und es läßt uns wiederum des Lebens in dieser materiellen
Welt bewußt werden. Auch das wird in der Bhagavad-gita beschrieben. Ist unser
Bewußtsein zur Todesstunde rein, dann wird unser nächstes Leben nicht materiell
sein - unser nächstes Leben wird spirituell sein. Wenn aber unser Bewußtsein zur
Todesstunde nicht rein ist, dann müssen wir nach Verlassen dieses Körpers wieder
einen materiellen Körper annehmen. So geht das vor sich. Das ist das Gesetz der
Natur.
Wir haben jetzt
einen voll entwickelten Körper. Der Körper, den wir sehen, ist der grobstoffliche
Körper. Es verhält sich genau so wie mit einem Hemd und einer Jacke: im Innern
der Jacke ist das Hemd und innerhalb des Hemdes ist der Körper. So ist auch die
reine Geistesseele von einem Hemd und einer Jacke bedeckt. Die Kleidungsstücke
sind der Verstand, die Intelligenz und das falsche Ich. Falsches Ich bedeutet
die falsche Vorstellung, daß ich ein Produkt dieser materiellen Welt bin. Diese
falsche Vorstellung schränkt mich sofort ein. Ich bin z. B. in Indien geboren,
und deshalb halte ich mich für einen Inder; bin ich in Amerika geboren, dann halte
ich mich für einen Amerikaner. Doch als Geistesseele bin ich weder Inder noch
Amerikaner. Ich bin reine Geistesseele. Das andere sind nur Bezeichnungen. Amerikaner
oder Inder, Deutscher oder Engländer, Katze oder Hund, Mann oder Frau: all dies
sind Bezeichnungen. Sobald wir spirituelles Bewußtsein erlangen, werden wir frei
von all diesen Bezeichnungen. Diese Freiheit erreichen wir, wenn wir ständig mit
Krishna, dem Höchsten, in Verbindung stehen.
Es ist das Ziel
der Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewußtsein, uns ständig mit Krishna
in Berührung zu halten. Krishna kann ständig bei uns sein, weil Er allmächtig
ist. Daher kann Er durch Seine Worte vollständig mit uns in Berührung sein. Seine
Worte und Er selbst sind nicht voneinander verschieden. Das ist Allmacht. Allmacht
bedeutet, daß alles, was mit Ihm in Zusammenhang steht, die gleiche Macht besitzt.
Wenn wir in dieser Welt Durst haben und trinken wollen, dann löscht das Wiederholen
des Wortes "Wasser" unseren Durst nicht, denn dieses Wort besitzt nicht
die gleiche Kraft wie das Wasser selbst. Wir brauchen die Substanz des Wassers,
dann erst wird unser Durst gelöscht. Doch in der transzendentalen, der absoluten
Welt besteht kein solcher Unterschied - Krishnas Name, Krishnas Eigenschaften,
Krishnas Worte - alles ist Krishna und bringt die gleiche Erfüllung.
Es gibt nun diejenigen,
die sagen, daß Arjuna deshalb mit Krishna sprach, weil Krishna direkt vor ihm
stand, wohingegen in unserem Fall Krishna nicht gegenwärtig ist. Wie kann ich
dann also Unterweisungen empfangen? Aber das ist nun keineswegs so. Krishna ist
durch Seine Worte anwesend, durch die Bhagavad-gita. Wenn wir in Indien über die
Bhagavad-gita oder das Srimad-Bhagavatam sprechen, verrichten wir unsere Andacht
mit Blumen und anderen Dingen, die dazugehören. Man betet ja auch in der Sikh-Religion
das Buch Granthasahib an, obwohl diese Religion einen persönlichen Gott nicht
kennt. Vielleicht kennen einige von Ihnen diese Sikh-Gemeinde. Sie verehrt dieses
Grantha, die Mohammedaner beten den Koran an, und die Christen verehren die Bibel.
Es ist tatsächlich so, daß Jesus Christus durch seine Worte anwesend ist. Und
auch Krishna ist durch Seine Worte anwesend.
Wenn Gott oder
Gottes Sohn aus der transzendentalen Welt zu uns kommt, dann behält er seine transzendentale
Identität. Er wird von der materiellen Welt nicht berührt. Darin besteht seine
Allmacht. Man sagt, daß Gott allmächtig ist. Allmacht bedeutet, daß Er von Seinem
Namen, Seinen Eigenschaften, Seinen transzendentalen Spielen und Seinen Unterweisungen
nicht verschieden ist. Deshalb ist ein Gespräch über die Bhagavad-gita so gut
wie ein Gespräch mit Krishna selbst.
Krishna weilt in
Ihrem Herzen und auch in meinem. Isvara- sarva-bhutanam hriddese'rjuna tisthati. Gott
weilt im Herzen eines jeden Wesens. Gott ist uns nicht fern. Er ist gegenwärtig.
Er ist so gütig, daß Er auch im sich wiederholenden Wandel der Geburten bei uns
bleibt. Er wartet darauf, daß wir uns Ihm zuwenden. Er ist so gütig, daß Er uns
nie vergißt - auch wenn wir Ihn vergessen. Obwohl ein Sohn seinen Vater vergessen
mag, vergißt ein Vater nie seinen Sohn. Und so vergißt auch Gott uns nie, der
ursprüngliche Vater aller Menschen und aller Lebewesen. Wir mögen vielleicht andere
Körper annehmen, doch das sind nur unsere Hemden und Jacken. Die haben nichts
mit unserer wirklichen Identität zu tun. Unsere wahre Identität ist Geistesseele,
und diese reine Geistesseele ist wesentlicher Bestandteil des Höchsten. Es gibt
8 400 000 Arten des Lebens. Selbst die Biologen und Anthropologen können das nicht
genau berechnen, aber durch die autoritativen Offenbarungsurkunden erfahren wir
das. Von den menschlichen Wesen gibt es 400 000 Arten, und außerdem gibt es 8
Millionen andere Arten. Krishna, der Höchste, aber sagt, daß alle, ob sie nun
Raubtiere, Menschen, Schlangen oder Halbgötter sind, daß alle in Wirklichkeit
Seine Söhne sind.
Der Samen kommt
vom Vater und die Mutter empfängt den Samen. Dem Körper der Mutter entsprechend
bildet sich dann ein neuer Körper und wenn der Körper voll entwickelt ist, verläßt
er den Mutterleib. Das ist der Vorgang der Fortpflanzung. Der Samen kommt vom
Vater. Er wird von zwei bestimmten Sekreten im Schoße der Mutter emulgiert, und
dann bildet sich schon in der ersten Nacht der Körper, wie eine Erbse. Und dann
entwickelt er sich allmählich. Es gibt neun Öffnungen, die sich bilden: Zwei Ohren,
zwei Augen, Nasenlöcher, Mund, ein Nabel, ein Penis und ein Anus.
Seinem letzten
karma (seiner Handlungsweise) entsprechend erhält man diesen Körper, der einem
Leid oder Freude bringt. Das ist der Vorgang von Geburt und Tod, und am Ende dieses
Lebens stirbt man wiederum, und erneut gelangt man in den Schoß einer Mutter.
Ein anders gearteter Körper entwickelt sich dann. Das wird Reinkarnation genannt.
Wir müssen versuchen, diesen Kreislauf der Geburten und Tode, dieses Wechseln
der Körper, zu beenden. Das ist in der menschlichen Form des Lebens möglich. Wir
können diesen Vorgang des sich wiederholenden Wandels durch Geburt und Tod beenden.
Wir können unseren eigentlichen, spirituellen Körper wiedererlangen und wirklich
glücklich sein, voller Erkenntnis und ewigem Leben. Das ist der Sinn der Evolution.
Wir dürfen dies nicht verfehlen. Der Weg, der zur Befreiung führt, beginnt genauso,
wie wir eben mit dem Chanten und dem Hören begonnen haben. Ich möchte hier noch
einmal darauf hinweisen, daß dieses Chanten der heiligen Gottesnamen ( HARE
KRISHNA, HARE KRISHNA, KRISHNA KRISHNA, HARE HARE / HARE RAMA, HARE RAMA, RAMA,
RAMA, HARE HARE ) und das Hören der Wahrheiten der Gita einem direkten Beisammensein
mit Krishna gleichkommt. Das steht in der Gita geschrieben, und das wird kirtan
genannt. Auch wenn man die Sprache nicht versteht, erwirbt man allein durch das
Hören ein wenig Ehrfurcht. Seine guten Charaktereigenschaften führen einen dahin,
ein frommes Leben zu führen, auch wenn man nichts versteht. Es hat eine solche
Kraft.
Es gibt zwei Arten
von heiligen Schriften über Krishna: zu der einen gehört die Bhagavad-gita - sie
wird von Krishna gesprochen; zu der anderen gehört das Srimad-Bhagavatam - im
Bhagavatam wird über Krishna gesprochen. Es gibt also zwei Arten von Krishna katha
(Abhandlungen) und beide sind gleichermaßen mächtig, weil sie sich auf Krishna
beziehen.
Da die Bhagavad-gita
nun auf dem Schlachtfeld von Kuruksetra gesprochen wird, stellt sich sehr oft
die Frage, was wir denn eigentlich mit einem Schlachtfeld zu tun haben. Wir haben
nichts mit irgendeinem Schlachtfeld zu tun. Wir suchen Erkenntnis über das spirituelle
Reich. Warum sollen wir uns dann also mit diesem Schlachtfeld befassen? Weil Krishna
auf dem Schlachtfeld ist und daher das ganze Schlachtfeld von Krishna durchdrungen
wird. Das gleicht einer Stromleitung, die an ein Stück Metall gehalten wird. Das
Metall wird augenblicklich mit Strom geladen. Und so wird auch etwas, dem sich
Krishna zuwendet, augenblicklich von Krishna durchdrungen. Sonst brauchten wir
über die Schlacht von Kuruksetra kein Wort zu verlieren. Das also ist Krishnas
Allmacht.
Diese Allmacht
wird auch im Srimad-Bhagavatam beschrieben. Es gibt viele Krishna kathas. Das
vedische Schrifttum ist angefüllt mit Krishna katha. Schon das Wort Veda sagt,
daß es sich um Krishna katha handelt. Die heiligen Schriften einschließlich der
Veden mögen dem Anschein nach verschieden sein, aber sie alle sind Krishna katha.
Was geschieht nun, wenn wir über Krishna hören? Diese Krishna katha sind reine,
transzendentale Lautschwingungen und lassen unser spirituelles Bewußtsein wiederaufleben.
Durch den Schmutz
der Materie, hat sich im Laufe vieler, vieler Leben viel Unrat in unseren Herzen
angesammelt - vieler, vieler Leben, nicht nur in diesem Lebens, sondern auch in
vergangenen Leben. Wenn nun unsere Herzen mit Krishna katha durchdrungen werden,
dann wird der Unrat, der sich angesammelt hat, fortgespült. Unser Herz wird von
allem Schmutz rein gewaschen. Und sobald der Schmutz fort ist, manifestiert sich
wieder das reine Bewußtsein.
Es ist recht schwer,
alle falschen Bezeichnungen loszuwerden, wie z. B. "ich bin Inder."
Es ist keineswegs leicht, mir vorzustellen, daß ich nicht Inder bin, sondern reine
Geistesseele. Es ist für niemanden leicht, aufzuhören, sich mit diesen vergänglichen
Bezeichnungen zu identifizieren. Aber wenn wir weiter Krishna katha hören, dann
wird es sehr einfach. Versuchen Sie es einmal. Versuchen Sie es einmal, um festzustellen,
wie leicht es wird, von all diesen Bezeichnungen, von all diesen falschen Vorstellungen
frei zu werden. Natürlich ist es nicht möglich, den Geist sofort von allem Schmutz
zu reinigen, aber wir merken doch gleich, daß der Einfluß der materiellen Natur
nachgelassen hat.
Diese materielle
Natur wirkt sich in drei Erscheinungsformen aus - in Reinheit, Leidenschaft und
Unwissenheit. Ein Leben in Unwissenheit ist hoffnungslos. Leidenschaft ist materialistisch.
Wer von der Erscheinungsweise der Leidenschaft beeinflußt wird, trachtet nach
diesem falschen Genuß des materiellen Lebens. Weil man die Wahrheit nicht kennt,
versucht man, mit der Kraft dieses Körpers die Materie zu genießen. Das also ist
die Erscheinungsform der Leidenschaft. Wer sein Leben in Unwissenheit verbringt,
in dem ist weder Leidenschaft noch Reinheit. Solch ein Mensch lebt in tiefster
Finsternis. Durch die Erscheinungsform der Reinheit können wir zumindest einmal
theoretisch verstehen, was wir sind, was diese Welt ist, was Gott ist und unsere
Beziehung zu Ihm. Das also ist die Erscheinungsform der Reinheit.
Durch das Hören
von Krishna katha werden wir frei von Unwissenheit und Leidenschaft. Wir werden
uns in der Erscheinungsform der Reinheit befinden. Und wir werden wirkliche Erkenntnis
erlangen - Erkenntnis von dem, was wir sind. Unwissenheit gleicht dem Tierleben.
Das Dasein eines Tieres ist voller Leiden, doch das Tier weiß nicht, daß es leidet.
Nehmen wir ein Schwein als Beispiel. Hier in New York sieht man natürlich keine
Schweine, aber in den Dörfern Indiens sieht man sie überall. Was für ein jämmerliches
Dasein es ist, an unsauberen Orten zu leben, Kot zu fressen und immer verdreckt
zu sein. Aber das Schwein weiß nicht, in welcher Situation es sich befindet. Es
ist sehr vergnügt und freut sich über den Kot, den Sex und das Fettwerden.
Wir dürfen es
dem Schwein nicht gleich tun und in unserer Unwissenheit glauben, glücklich zu
sein. Tagaus, tagein mühen wir uns ab, arbeiten oft sogar noch nachts, versuchen
dann noch, unseren Sexualtrieb zu befriedigen und meinen, auf diese Weise glücklich
zu werden. Aber das ist kein Glück. Das Bhagavatam bezeichnet dies als das Glück
eines Schweines. Der Mensch ist erst glücklich, wenn die Erscheinungsform der
Reinheit in ihm überwiegt. Dann begreift er, was wahres Glück ist. Wenn wir in
unserem täglichen Leben diese Krishna katha hören, dann wird aller Unrat, der
sich in den verschiedenen Leben in unseren Herzen angesammelt hat, fortgespült.
Wir werden tatsächlich erkennen können, daß wir uns nicht mehr im Zustand der
Unwissenheit oder der Leidenschaft, sondern im Zustand der Reinheit befinden.
Was bedeutet dies nun eigentlich?

In
allen Situationen des Lebens werden wir von Freude erfüllt sein. Nichts wird uns
verdrießlich stimmen können. In der Bhagavad-gita steht, daß dies unser brahma-bhuta
Zustand (höchste Stufe der Reinheit) ist. Die Veden lehren uns, daß wir nicht
aus dieser Materie bestehen. Wir sind Brahman. Aham brahmasmi. Sankaracarya predigte
der Welt diese Lehre. Wir sind nicht Materie. Wir sind Brahman, Geistesseele.
Wenn spirituelle Verwirklichung tatsächlich erreicht ist, dann ändert sich unser
Verhalten. Und wie ändert es sich? Wenn man sein eigenes, spirituelles Bewußtsein
wiedererlangt hat, dann gibt es kein selbstisches Begehren mehr und kein Klagen.
Wir klagen, weil wir etwas verloren haben und wir begehren, weil wir etwas gewinnen
wollen. Zwei Krankheiten kennzeichnen diese materielle Welt: wir sehnen uns nach
dem, was wir nicht besitzen: "Wenn ich diese Dinge hätte, würde ich glücklich
sein. - Ich habe jetzt kein Geld, aber wenn ich eine Million Dollar hätte, dann
würde ich glücklich sein."
Und wenn wir dann
eine Million Dollar haben, gehen sie uns irgendwie verloren, und dann jammern
wir: "Ach, ich habe alles verloren!" Wenn wir Verlangen nach Gewinn
haben, dann ist das immer mit Leid verbunden und wenn wir Verlust erleiden, dann
ist das ebenfalls mit Schmerz verbunden. Wenn wir uns aber auf der Stufe des brahma-bhuta
befinden, dann sind wir weder niedergeschlagen noch haben wir irgendwelche Verlangen.
Wir werden jeden und alles als gleich ansehen. Auch wenn wir uns inmitten größter
Unruhe und größten Aufruhrs befinden, werden wir nicht unsere Ruhe verlieren.
Das ist die Erscheinungsform der Reinheit.
Bhagavatam bedeutet
Gotteswissenschaft. Wenn wir uns der Gotteswissenschaft mit Ausdauer widmen, können
wir den Zustand des brahma-bhuta erlangen. Im brahma-bhuta Zustand müssen wir
aktiv sein, denn es wird einem auch auf dieser Stufe empfohlen, sich aktiv zu
betätigen. Solange wir diesen materiellen Körper haben, müssen wir uns betätigen.
Wir können damit nicht aufhören. Das ist nicht möglich. Aber wir müssen die Prinzipien
des yoga lernen. Und auch, wenn wir dann ganz gewöhnlichen Betätigungen nachgehen,
denen wir aufgrund des Schicksals oder der Umstände nachgehen müssen, dann wirkt
sich dies nicht gegen uns aus. Nehmen wir einmal an, wir müßten bei der Ausübung
unseres Berufes eine Lüge anwenden, um überhaupt weiter existieren zu können.
Es ist nicht gut, zu lügen, und deshalb könnte man sehr wohl sagen, daß eine derartige
Betätigung auf unmoralischen Prinzipien beruht. Es wäre dann besser, sich eine
andere Tätigkeit zu suchen. Aber die Bhagavad-gita rät uns, das gerade nicht zu
tun.
Auch wenn wir in
solche Umstände geraten, daß wir unseren Lebensunterhalt nicht ohne unfaire Handlungen
bestreiten können, sollten wir unsere Tätigkeit nicht aufgeben. Wir müssen jedoch
versuchen unser Tun zu läutern. Aber wie kann man sein Tun läutern? Wir dürfen
die Früchte unseres Tuns nicht für uns beanspruchen. Sie sind für Gott bestimmt.
Sukrita bedeutet
gottesfürchtiges Tun und duskrita bedeutet gottloses Tun. Im materiellen Bewußtsein
können wir sowohl gottesfürchtig als auch gottlos sein. Und unser Tun ist dann
fromm oder gottlos, oder es besteht aus einer Mischung von fromm und gottlos.
Krishna gibt uns den Rat, in Erkenntnis über den Höchsten und mit liebender Hingabe
zu handeln. Und worin besteht diese Erkenntnis? Sie besteht darin, daß ich erkenne:
ich bin ein wesentlicher Bestandteil des höchsten Bewußtseins, ich bin nicht dieser
Körper. Wenn ich glaube, ich sei Amerikaner oder Inder oder sonst irgendetwas,
dann befinde ich mich auf der materiellen Ebene der Erkenntnis. Wir sind weder
Amerikaner noch Inder, sondern reines Bewußtsein, dem höchsten Bewußtsein untergeordnet.
Mit anderen Worten: wir sind Diener Gottes. Gott ist das höchste Bewußtsein, und
wir sind Seine Diener. Untergeordnet bedeutet also in diesem Zusammenhang: dienen.
Im allgemeinen
entspricht unser Tun nicht dem eines Dieners Gottes. Denn niemand möchte dienen,
alle wollen Meister, wollen Herr sein. Dienen wird im allgemeinen als unangenehm
empfunden. Aber das Gottdienen ist etwas ganz anderes. Manchmal wird der Diener
Gottes zum Meister, zum Herren Gottes. Die wahre Position aller Wesen besteht
darin Diener Gottes zu sein, aber anhand der Bhagavad-gita sehen wir, daß der
Meister, Krishna, Arjunas Diener wurde. Arjuna sitzt in einem Wagen und Krishna
ist der Wagenlenker. Arjuna ist nicht der Besitzer des Wagens, aber die spirituellen
Beziehungen sind frei von allen materiellen Einflüssen. Obgleich Beziehungen,
wie wir sie in dieser Welt erleben, auch in der spirituellen Welt bestehen, sind
diese frei von der verunreinigenden Einwirkung der Materie. Sie sind daher vollkommen
rein und transzendental. Sie sind von völlig anderer Wesensart. Sobald wir uns
ganz dem spirituellen Leben widmen, beginnen wir, die Beziehungen und das Leben
der spirituellen, transzendentalen Welt zu verstehen.
Krishna unterweist
uns hier in buddhi-yoga. Buddhi-yoga bedeutet, daß wir uns vollkommen bewußt werden,
daß wir nicht dieser Körper sind. Wir müssen in diesem Sinne handeln. Ich bin
nicht Körper -ich bin Bewußtsein. Das ist eine Tatsache. Wenn wir auf dieser Stufe
des Bewußtseins handeln, dann können wir den Früchten des guten wie auch des schlechten
Werketuns entsagen. Das ist die transzendentale Ebene.
Das bedeutet, daß
wir jemand anderem zuliebe handeln - dem Höchsten zuliebe. Für Verlust oder Gewinn
sind wir nicht verantwortlich. Wenn es irgendeinen Gewinn gibt, dürfen wir nicht
überheblich werden. Wir sollten denken: "Dieser Gewinn ist für den Herrn."
Und bei Verlusten müssen wir uns darüber im Klaren sein, daß nicht wir dafür verantwortlich
sind. Es ist Gottes Werk. Wenn wir so handeln, werden wir glücklich sein. Das
müssen wir lernen: alles Gott zuliebe zu tun. Diesen transzendentalen Wesenszug
müssen wir entwickeln. Darin besteht die Kunst, unter den jetzigen Umständen unser
Tun zu verrichten. Sobald wir aber auf der Stufe des körperlichen Bewußtseins
unsere Werke tun, werden wir durch die Reaktionen unserer Handlungen gebunden.
Wenn wir aber in spirituellem Bewußtsein unsere Werke tun, dann werden wir weder
durch gutes noch durch schlechtes Tun gebunden. Das ist der Vorgang.
Manisina- - dieses
Wort ist von großer Bedeutung. Manisina bedeutet nachdenklich. Wenn man nicht
nachzudenken beginnt, kann man nicht begreifen, daß man nicht dieser Körper ist.
Doch wenn man zu denken beginnt, dann wird es einem ganz klar, daß man nicht Körper
ist, sondern Bewußtsein. Sicherlich haben wir uns alle einmal sagen gehört: "Dies
ist mein Finger und dies ist meine Hand. Dies ist mein Ohr und dies ist meine
Nase." Alles ist mein, aber wo ist das Ich, das mein sagt? Ich fühle, daß
dies mein ist und daß ich bin. Man muß nur einmal ein wenig nachdenken. Alles
ist mein -meine Augen, meine Finger, meine Hand. Mein, mein, mein, und was ist
das Ich? Das Ich ist das Bewußtsein, mit dem ich denke, "dies ist mein."
Wenn ich nun nicht
dieser Körper bin, warum sollte ich dann für diesen Körper handeln? Ich sollte
lieber für mich selbst handeln. Wie soll ich also mein Tun verrichten, daß es
sich günstig für mich auswirkt? In welcher Position befinde ich mich eigentlich?
Ich bin Bewußtsein, aber was für ein Bewußtsein? Ich bin untergeordnetes Bewußtsein
- ich bin Teil des höchsten Bewußtseins. Welcher Art müssen dann meine Handlungen
sein? Sie unterstehen der Führung des höchsten Bewußtseins, genauso wie in einem
Büro. Da ist der Geschäftsführer das höchste Bewußtsein. Jeder arbeitet unter
seiner Führung. Er allein ist letztlich verantwortlich. Die anderen müssen ihren
jeweiligen Pflichten nachkommen. Pflichten guter oder schlechter Natur - darauf
kommt es nicht an. Bei der Armee ist es ja auch so, da kommt der Befehl vom Befehlshaber.
Der Soldat hat ihn auszuführen. Er überlegt nicht, ob dieser Befehl gut oder schlecht
ist. Das spielt keine Rolle. Er hat lediglich zu handeln, dann ist er ein richtiger
Soldat. Wenn er in dieser Weise handelt, dann wird er auch dementsprechend belohnt.
Ihm werden Orden und Auszeichnungen verliehen. Er kümmert sich nicht darum. Der
Befehlshaber befiehlt, den Feind zu töten, und der Soldat wird entsprechend belohnt.
Nicht weil er getötet hat, wird er belohnt, sondern weil er seiner Pflicht nachgekommen
ist.
Hier haben wir
eine ähnliche Situation. Krishna unterweist Arjuna. Krishna ist das höchste Bewußtsein.
Ich bin Bewußtsein, ein wesentlicher Teil des höchsten Bewußtseins. Somit ist
es meine Pflicht, im Sinne des höchsten Bewußtseins zu handeln. Zum Beispiel halte
ich meine Hand für einen Teil meines Körpers. Jetzt bewegt sie sich. "So
wie ich es will, soll sich meine Hand bewegen - auch meine Beine. Meine Augen
sollen sich öffnen und sehen". Ich befehle also, und diese Teile bewegen
sich. In gleicher Weise sind wir alle Teile des Höchsten. Wenn wir uns darin üben,
uns in Übereinstimmung mit dem höchsten Bewußtsein zu bewegen und zu handeln,
dann übertreffen wir alles gute und schlechte Werketun und gelangen auf die Ebene
der Transzendenz. Das ist der ganze Vorgang. Und was resultiert dann daraus? Wir
werden aus den Fesseln von Geburt und Tod befreit. Keine Geburten mehr und keine
Tode.
Die heutigen Wissenschaftler
und Philosophen ziehen diese vier Dinge nicht in Betracht: Geburt, Alter, Krankheit
und Tod. Sie schieben das alles beiseite: "Ach laßt uns glücklich sein, genießen
wir das Leben!" Das menschliche Leben aber ist dazu bestimmt, eine Lösung
dieses Problems der Versklavung durch Geburt, Alter, Krankheit und Tod zu finden.
Wenn die Menschheit auf diese vier Probleme keine Antwort gefunden hat, dann hat
sie das Menschsein noch nicht verwirklicht. Die Menschheit hat die Aufgabe, eine
endgültige Lösung für diese Probleme zu finden.
Hier, in der Bhagavad-gita
also, sagt Krishna, "Karmajam buddhi-yukta-." Karmajam bedeutet, daß
jede Aktion eine Reaktion auslöst. Auf eine schlechte Handlung folgt eine schlechte
Reaktion. Jede Reaktion jedoch, ob nun gut oder schlecht, ist in einem höheren
Sinn immer mit Leid verbunden. Nehmen wir einmal an, mir würde aufgrund guter
Handlungen eine gute Geburt gegeben: stattliches Aussehen, Reichtum, eine gute
Erziehung, etc. All dies steht mir vielleicht zur Verfügung, aber das bedeutet
nicht, daß mich die Leiden, die es in dieser Welt gibt, nicht betreffen. Diese
Leiden sind Geburt, Alter, Krankheit und Tod. Auch wenn ich reich, schön und gebildet
und in eine aristokratische Familie geboren bin, dem Alter, der Krankheit und
dem Tod kann ich deshalb trotzdem nicht entkommen.
Es darf uns also
nicht um gutes oder schlechtes Werketun gehen. Wir müssen uns ausschließlich dem
transzendentalen Werketun widmen. Das rettet uns aus dieser Versklavung durch
Geburt, Alter, Krankheit und Tod. Das muß das Ziel unseres Lebens sein. Wir dürfen
nicht nach guten oder schlechten Dingen trachten. Nehmen wir einmal das Beispiel
eines Kranken, der im Bett liegt, ißt, bittere Medizin einnimmt und nur unter
großen Schwierigkeiten seine Notdurft verrichten kann. Die Krankenschwestern müssen
ständig darauf achten, daß er sauber bleibt, da er sonst einen scheußlichen Geruch
verbreitet. Wie er nun in diesem Zustand so daliegt, kommen ein paar Freunde zu
Besuch und fragen ihn, wie er sich fühlt. "Ja, ich fühle mich wohl."
Was soll das heißen? Unbequem im Bett zu liegen, bittere Medizin zu schlucken
und unfähig sein, sich zu bewegen? Und trotz dieses erbärmlichen Zustandes sagt
der Kranke "mir geht es gut." Wenn wir nur materielle Lebensziele kennen
und glauben, wir seien auf diese Weise glücklich, dann ist das eine ebensolche
Dummheit. Im materiellen Leben gibt es kein Glück. Es ist unmöglich, hier glücklich
zu werden. In unserem jetzigen Zustand wissen wir überhaupt nicht, was Glück eigentlich
ist. Deshalb wird das Wort manisinah - nachdenklich -gebraucht.
Nach dem Glück
suchen wir mit völlig unnatürlichen, unserer Natur überhaupt nicht entsprechenden
Mitteln. Und wie lange währt dieses Glück? Es verläßt uns nur allzubald wieder,
und wir kehren zum Leid zurück. Durch den Rausch kommt man dem Glück auch nicht
näher. Denn das ist kein wirkliches Glück. Durch Chloroform verlieren wir das
Bewußtsein und fühlen die Schmerzen einer Operation nicht; das bedeutet aber nicht,
daß wir nicht operiert werden. So etwas ist also nicht echt. Aber echte Freude
und wirkliches Leben gibt es.
Wie
Sri Krishna in der Bhagavad-gita sagt, entsagen die wirklich nachdenklichen Menschen
den Früchten des Tuns, weil ihr Bewußtsein geläutert ist. Die Versklavung, die
durch Geburt, Alter, Krankheit und Tod entsteht, findet ihr endgültiges Ende,
und die Verbindung zu Krishna, dem Urgrund aller Freude und ewigen Glücks, wird
wieder hergestellt. Hier findet sich dann die wirkliche Freude, nach
der wir immer gesucht haben und für die wir alle bestimmt sind.
- Die
Quelle Absoluten Wissens - PDF
A.C. Bhaktivedanta
Swami prabhupada
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