1990
- George Harrison-Interview:
|
"Das
Beste, das man den Menschen geben kann, ist Gottes-Bewusstsein"
|
Lese
Dunton: Ich habe gelesen, dass du sagtest, "Das Beste, das
man den Menschen geben kann, ist Krishna-Bewusstsein." Nun
fragte ich mich, wie du das deiner Ansicht nach über die Jahre
hinweg getan hast?
George
Harrison: Ich möchte nicht sagen, dass ich absolut Gottes-bewusst bin.
Es ist wie bei jedem anderen. Wir kämpfen mit den Kräften, die uns zur
gleichen Zeit nach oben und nach unten ziehen. Grundsätzlich aber
wollen wir alle Liebe, das fühle ich. Und alle Liebe ist in
Wirklichkeit Gottes Liebe. Es ist die Manifestation von Gottes Liebe in
dieser Welt durch alles, was sich in dieser Welt befindet, und durch
alle Leute auf dieser Welt. Ich glaube, was die Krishna-Sache für mich
gebracht hat, war die Bhakti [Hingabe] - die Bhakti-Yoga genannt wird.
Es ist die Methode, mit der du erkennen kannst, dass sich Gott in allem
befindet, was erschaffen wird. Wenn du also einen Baum ansiehst, ist es
tatsächlich eine Reflektion von Gott. Du kannst ihn in anderen Leuten
sehen - das ist er auch, wusstest du das?
Sie nehmen es bis aufs Äußerste ernst: durch verzehrte Speisen
schmeckst du ihn auf deiner Zunge, und du hörst ihn in der Musik. Dies ist
die ganze Bedeutung von Krishna als dem Flötenspieler, der dein
Bewusstsein erweckt. Es muss nicht notwendigerweise eine Flöte sein,
für mich war es eine Sitar oder Gitarre oder sogar Elvis Presley, der
"Heartbreak Hotel" sang. Es war wie Krishnas Flöte, die mich irgendwo
rief. Wenn wir uns daran erinnern, ist es wirklich ganz einfach.
Meiner Ansicht nach ist es unsere
wichtigste Pflicht, uns in jedem Moment zu vergegenwärtigen, dass Gott
in uns und jedem anderen lebt, und einfach zu versuchen, uns an diese
Erkenntnis zu erinnern.
LD: Glaubst du, dass eine wachsende Anzahl
von Leuten beginnt, sich im Erinnern zu üben?
GH: Oh ja, ich denke, es werden stetig immer mehr. Auf jeden Fall
glaube ich, dass die Idee von Yoga oder Meditation viel besser
akzeptiert wird. Und auch die Vorstellung, dass Gott versucht, die
Seele in uns anzusprechen. Damals in den Sechzigern war es ein wenig
so, als ob es nur die Hippies oder die Philosophen gäbe. Ich wurde etwa
bis zum elften Lebensjahr in katholischen Verhältnissen erzogen, was
bedeutete, dass Gott so etwas ist, das wir nie zu sehen bekommen und
das wir nie treffen werden, aber du musst immer noch daran glauben, was
wir sagen. Es ist wie dieses blinde Vertrauen in etwas, das sie dir
nicht zeigen können.
Das
erste, wodurch ich dieses Vorhandensein wirklich erkannte, war ein Buch
über Yoga, das ich auf einer meinen frühen Reisen nach Indien bekam.
Genannt wurde es Raja Yoga von Swami Vivekananda. Gleich auf der
Innenseite der Buchhülle schrieb er, "Wenn es einen Gott gibt, müssen
wir ihn sehen, und wenn es eine Seele gibt, müssen wir sie wahrnehmen.
Andernfalls ist es besser, nicht zu glauben. Es ist besser, ein
unverblümter Atheist als ein Heuchler zu sein." Danach erkannte ich
durch Überlegung, dass das Christentum, das in mein Leben als Kind
gekommen war, ganz und gar in der Vorstellung bestand, dass du ihn
niemals zu sehen bekommst. In einer Hinsicht ist es wie Heuchelei.
Darum schrieb ich in "My Sweet Lord", "I really want to see you" ["Ich
möchte dich wirklich sehen"], denn wenn es einen Gott gibt, möchte ich
ihn sehen. Ich möchte nicht nur das Rufen nach ihm in irgendwelchen
heiligen Gesängen hören. Und dasselbe gilt für den Papst. Ich möchte,
dass der Papst sagt, in Ordnung, ich möchte gerne Christus-Bewusstsein.
Ich will nicht nur über ihn sprechen.
LD: Diese Zeile überwältigte mich, als sie
das erste Mal veröffentlicht wurde.
GH: Oh ja, wir möchten ihn alle sehen. Und wenn du fragst, "Wo ist
er?", dann sagen sie, "Nun, du kannst ihn nicht sehen. Er ist irgendwo
da draussen, aber wir wissen nicht so ganz genau, wo er ist." Durch die
indische Philosophie und all das, womit ich in Berührung kam, wurde mir
dann ganz einfach gezeigt, dass er tatsächlich innendrin ist. Er lebt
in unseren Herzen.
Es
hängt davon ab, dein Bewusstsein nach innen zu wenden, um dann zu
erkennen, es ist dort innen drin, und dann kannst du Ihn auch aussen
sehen. Es ist einfach nur ein Wechsel der Einstellung, wirklich.
LD: Was kann jemand deiner Ansicht nach
tun, um zu verstehen und sich selbst zu ändern?
GH: Ich denke, dass sich die Leute dem grundsätzlich einfach in
beliebiger Weise annähern, so wie sie es eben können.
Manchmal kannst du dich einfach nicht selber zwingen, aber man sagt
"klopfe an, und die Tür wird dir aufgetan". Ich denke, die Leute müssen
zuerst innerlich herauszufinden wünschen, wer sie sind. Wer bin ich und
was mache ich hier und wohin gehe ich? Diese Art von grundlegenden
Fragen. Sogar ohne ein Buch oder dergleichen heranzuziehen. Wenn sie
sich das nur in der Stille der Nacht aufrichtig selber fragen, wird
sich die Tür öffnen. Und ob es nun jemand ist, der vorbeikommt und
sagt, "He, hast du das gelesen?", oder "Warum kommst du nicht und
schaust dir das mal an?" - es geschieht auf viele verschiedene Arten.
So wie dir der Herr im Garten diese verschiedenen Arten von Blumen und
Bäumen gibt, denn wenn es nur eine Art Blume gäbe und du würdest sie
nicht mögen, dann wäre es schlecht. Daher gibt einen Überfluß an Wegen,
das zu erreichen, was in uns selbst ist. Ich glaube, die grundsätzliche
Antwort auf deine Fragen lautet, es muss innerhalb jedes Einzelnen
beginnen.
Sie
müssen den Wunsch in sich spüren zu wissen, wer sie sind und den Grund
dafür zu kennen, warum sie in diesem Körper sind.
LD: Wie sieht es mit deiner Zukunft aus?
Gibt es noch mehr, das du spirituell oder musikalisch wissen möchtest?
GH: O ja. Immer noch habe ich wie jeder andere das Gefühl, einfach zu
wachsen und zu lernen. Grundsätzlich gefällt es mir, dieses Etwas in
meinem Inneren entdeckt zu haben, das mit dem jedem Körper und jedem
Ding innewohnenden Etwas verbunden ist. Ich denke, es hängt jetzt nur
noch davon ab, dabeizubleiben und sich mehr und mehr darüber bewusst zu
werden. Wenn ich Liebe spüre, möchte ich einfach nur noch mehr Liebe
spüren. Und wenn ich ein wenig Frieden spüre, möchte ich noch mehr
Frieden spüren. Doch ich habe wirklich keinerlei große Ambitionen. Ich
fühle mich sehr glücklich. Ich habe eine Menge guter Freunde. Ich
möchte nur, dass es besser wird und dass ich noch mehr davon bekomme,
ehrlich. (Lacht.)
LD: Was glaubst du,
wie verändert sich die Welt?
GH: Nun, aus der Bhagavad-Gita habe ich gelernt, das es sich nicht um
so etwas wie diesen mystischen Quatsch handelt, der nichts mit unserem
jetzigen Leben zu tun hat. Was es ist, erklärt diese duale Energie, die
uns in eine Richtung zieht - nach oben in höheres Bewusstsein - und die
gegenläufige Energie dazu, die einfach die Natur dieser physikalischen
Welt ist und versucht, uns herunterzuziehen.
Die Bhagavad-Gita sagt, dass es die moralische Beurteilung des Menschen
ist, die von Augenblick zu Augenblick entscheidet, in welche Richtung
wir gezogen werden. Wir können nach oben kommen, oder wir können nach
unten kommen. Ich denke, die Welt befindet sich im Allgemeinen in einer
Aufwärtsbewegung. Wir sind Teil eines Kreislaufs, in dem die Leute mehr
entdecken. Die Kommunikation ist verbessert. Wir nähern uns den
feineren Strömen, die das Universum kontrollieren. Weder kommt für uns
alle als kollektives Leben auf diesem Planeten alles gleichzeitig in
Ordnung, noch versinken wir zusammen in Unwissenheit. Einer nach dem
anderen befreien wir unsere Seelen durch unsere eigene Erkenntnis aus
dem Kreislauf. So wird eine Seele nach der anderen "von diesem
Memphis-Blues befreit", weisst Du das?
LD: Somit steht es
jeder Person frei.
GH: So ist es. Es hängt ganz tief von jeder Person ab. So befinden wir
uns in einer Hinsicht inmitten einer Aufwärtsbewegung, doch zur
gleichen Zeit geschieht eine Menge Böses auf der Welt. Ich denke, dass
es mit Sicherheit in eine bessere Richtung geht, und doch scheint es
für all die Leute wegen der Kraft, welche die negativen Seiten des
Lebens kontrolliert, und dem Besitz all der schlechten Erfindungen wie
Schußwaffen, Bomben und Haß so lange dauern zu müssen. Aber es muß ein
Gleichgewicht geben. Wir alle müssen es stärker versuchen, mehr Liebe
zu zeigen, um all dem entgegenzusteuern.
Abdruck und
Übersetzung von http://www.newsun.com/georgereprint.html
German
Translation: Bhakta Michael.
Mit freundlicher
Genehmigung der New Sun, alle Rechte vorbehalten.
Translated and reprinted with the permission of The New Sun
(newsun.com)
Copyright © 2001
The New Sun. All rights reserved.

Georg Harrison
All You Need Is Love
|
|
|