Bhagavad
- Gita Wie Sie Ist
von
A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada
Original Ausgabe von 1974
Nur Vers Übersetzung
Kapitel
2. - Inhalte der Gita zusammengefaßt
2.1 Sanjaya
sagte: Als Madhusudana (Krsna) Arjuna voller Mitleid und sehr
betrübt sah, die Augen gefüllt mit Tränen,
sprach Er folgende Worte:
2.2
Die Höchste Person (Bhagavan) sagte: Mein lieber Arjuna,
wie konnte diese Unreinheit über dich kommen? Sie ziemt
sich in keiner Weise für einen Menschen, der die höheren
Werte des Lebens kennt. Sie führt nicht zu höheren
Planeten, sondern zu Schande.
2.3
O Sohn Prthas, gib dieser entwürdigenden Schwachheit
nicht nach, denn sie ist dir nicht angemessen. Gib diese
niedrige Schwäche des Herzens auf und erhebe dich,
o Bezwinger der Feinde.
2.4
Arjuna sagte: O Madhusudana, wie kann ich in der Schlacht
den Angriff von Männern wie Bhisma und Drona erwidern,
die doch meiner Verehrung würdig sind?
2.5
Es ist besser, vom Betteln zu leben, als auf Kosten der
Leben großer Seelen, die meine Lehrer sind. Obwohl
sie von Habsucht getrieben werden, sind sie dennoch meiner
Verehrung würdig. Wenn sie getötet werden, wird
unser Gewinn mit Blut befleckt sein.
2.6
Auch wissen wir nicht, was besser ist - die Söhne Dhrtarastras
zu besiegen oder von ihnen besiegt zu werden. Wenn wir sie
töteten, wäre es besser, nicht mehr zu leben.
Nun stehen sie vor uns auf dem Schlachtfeld.
2.7
Ich weiß nicht mehr, was meine Pflicht ist, und habe
aus Schwäche meine Fassung verloren. In diesem Zustand
bitte ich Dich, mir eindeutig zu sagen, was das beste für
mich ist. Jetzt bin ich Dein Schüler und eine Dir hingegebene
Seele. Bitte unterweise mich.
2.8
Ich kann kein Mittel finden, dieses Leid zu vertreiben,
das meine Sinne austrocknet.Ich wäre nichteinmal fähig,
davon frei zu werden, wenn ich ein unangefochtenes Königreich
auf der Erde mit der Souveränität der Halbgötter
im Himmel gewänne.
2.9
Sanjaya sagte: Da er so gesprochen hatte, sagte Arjuna,
der Bezwinger der Feinde, zu Krsna, "Govinda, ich werde
nicht kämpfen", und verstummte.
2.10
O Nachkomme Bharatas (Dhrtarasatra), darauf hin lächelte
Krsna und sprach in der Mitte beider Armeen zu dem niedergeschlagenen
Arjuna folgende Worte.
2.11
Der Höchste Herr sagte: Während du gelehrte Worte
sprichst, betrauerst du, was des Kummers nicht wert ist.
Die Weisen beklagen weder die Lebenden noch die Toten.
2.12
Niemals gab es eine Zeit, da ich nicht existierte, noch
du, noch all diese Könige; noch wird in Zukunft einer
von uns aufhören zu sein.
2.13
Wie die verkörperte Seele fortwährend, in diesem
Körper von Kindheit zu Jugendund zu Alter, wandert,
so geht sie auch beim Tode in einen anderen Körper
ein. Die selbstverwirklichte Seele wird von einem solchen
Wechsel nicht verwirrt.
2.14
O Sohn Kuntis, das zeitweilige Erscheinen von Glück
und Leid und ihr Vergehen sind wie das Kommen und Gehen
von Sommer und Winter. Sie entstehen durch Sinneswahrnehmung,
o Nachkomme Bharatas, und man muß lernen, sie zu dulden,
ohne sich verwirren zu lassen.
2.15
O Bester unter den Männern (Arjuna), wer von Glück
und Leid nicht berührt wird, sondern immer ausgeglichen
bleibt, kann ohne Zweifel Befreiung erlangen.
2.16
Die Weisen, die die Wahrheit sehen, haben erkannt, daß
das Inexistente ohne Dauer und das Existente ohne Ende ist.
Zu diesem Schluß sind die Weisen gekommen, nachdem
sie das Wesen von beidem studiert hatten.
2.17
Wisse, das, was den gesamten Körper durchdringt, ist
unzerstörbar. Niemand kann die unvergängliche
Seele töten.
2.18
Nur der Materielle Körper des unzerstörbaren,
unmeßbaren und ewigen Lebewesens kann vernichtet werden;
darum kämpfe, o Nachkomme Bharatas.
2.19
Wer glaubt, das Lebewesen töte oder werde getötet,
befindet sich in Unwissenheit.Wer in Wissen gründet,
weiß, daß das Lebewesen weder tötet noch
getötet wird.
2.20
Für die Seele gibt es weder Geburt noch Tod. Auch hört
sie - da sie einmal war -niemals auf zu sein. Sie ist ungeboren,
ewig, immerwährend, unsterblich und urerst. Sie wird
nicht getötet, wenn der Körper erschlagen wird.
2.21
O Partha, wie kann ein Mensch, der weiß, daß
die Seele unzerstörbar, ungeboren, ewig und unveränderlich
ist, jemanden töten oder einen anderen veranlassen
zu töten?
2.22
Wie ein Mensch alte Kleider ablegt und neue anzieht, so
gibt die Seele die alt und unbrauchbar gewordenen Körper
auf und nimmt neue an.
2.23
Die Seele kann von keiner Waffe in Stücke geschnitten,
noch kann sie von Feuer verbrannt, von Wasser benetzt oder
vom Wind verdorrt werden.
2.24
Die individuelle Seele ist unzerbrechlich und unauflöslich
und kann weder verbrannt noch ausgetrocknet werden. Sie
ist immerwährend, alldurchdringend, unwandelbar, unbeweglich
und ewiglich dieselbe.
2.25
Es wird gesagt, daß die Seele unsichtbar, unbegreiflich
und unveränderlich ist. Da du dies weißt, sollst
du um den Körper nicht trauern.
2.26
O Starkarmiger, doch auch wenn du glaubst, die Seele werde
ständig aufs neuegeboren und sterbe immer wieder, gibt
es für dich keinen Grund zu klagen.
2.27
Einem, der geboren wurde, ist der Tod sicher, und einem
der gestorben ist, ist die Geburt gewiß. Deshalb solltest
du bei der unvermeidlichen Erfüllung deiner Pflicht
nicht klagen.
2.28
Alle erschaffenen Wesen sind am Anfang unmanifestiert, in
ihrem Zwischenzustand manifestiert und wieder unmanifestiert,
wenn sie vernichtet sind. Warum sollte man also klagen?
2.29
Einige halten die Seele für wunderbar, einige beschreiben
sie als wunderbar, und einige hören, sie sei wunderbar,
wohingegen andere sie nicht im geringsten verstehenkönnen,
selbst nachdem sie von ihr gehört haben.
2.30
O Nachkomme Bharatas, die Seele im Körper ist ewig
und kann niemals getötet werden. Daher brauchst du
um kein Lebewesen zu trauern.
2.31
Angesichts deiner Pflicht als ksatriya solltest du wissen,
daß es für dich keine bessere Beschäftigung
gibt, als auf der Grundlage religiöser Prinzipien zu
kämpfen. Daher hast du keinen Grund zu zögern.
2.32
O Partha, glücklich sind die ksatriyas, denen sich
unverhofft solche Gelegenheiten zum Kampf bieten, da sie
ihnen die Tore der himmlischen Planeten öffnen.
2.33
Wenn du jedoch in diesem religiösen Krieg nicht kämpfst,
wirst du ganz sicher Sünden auf dich laden, da du deine
Pflichten nicht erfüllst, und so wirst du deinen Ruf
als Kämpfer verlieren.
2.34
Die Menschen werden immer von deiner Ehrlosigkeit reden,
und für jemanden, der einmal geehrt worden ist, ist
die Schande schlimmer als der Tod.
2.35
Die großen Generäle, die deinen Namen und Ruhm
hoch geehrt haben, werden denken, du hast das Schlachtfeld
nur aus Furcht verlassen, und dich deshalb einen Feigling
nennen.
2.36
Deine Feinde werden schlecht über dich reden und deine
Fähigkeiten verspotten.Was könnte schmerzlicher
für dich sein?
2.37
O Sohn Kuntis, entweder wirst du auf dem Schlachtfeld getötet
werden und die himmlischen Planeten erreichen, oder du wirst
siegen und so das irdische Königreich genießen.
Erhebe dich daher, und kämpfe mit Entschlossenheit.
2.38
Kämpfe um des Kampfes willen, und laß dich von
Glück oder Leid, Verlust oder Gewinn, Sieg oder Niederlage
nicht beirren. Auf diese Weise wirst du keine Sünde
auf dich laden.
2.39
Bisher habe ich dir das analytische Wissen von der sankhya
- Philosophie erklärt. Höre nun von dem yoga,
bei dem man auf die Früchte seiner Arbeit verzichtet.
O Sohn Prthas, wenn du mit solcher Intelligenz handelst,
kannst du dich von der Fessel der Reaktionen befreien.
2.40
Bei diesem Bemühen gibt es keinen Verlust und keine
Minderung, und schon ein wenig Fortschritt auf diesem Pfad
kann einen Menschen vor der größten Gefahr bewahren.
2.41
Diejenigen, die sich auf diesem Pfad befinden, sind entschlossen
in ihrem Vorhaben,und ihr Ziel ist eins. O geliebtes Kind
der Kurus, die Intelligenz der unentschlossenen jedoch ist
vielverzweigt.
2.42-43
Menschen mit geringem Wissen lassen sich von den blumigen
Worten der Veden betören, die ihnen verschiedene fruchtbringende
Aktivitäten zur Erhebung zu höherenPlaneten, guter
Geburt, Macht und ähnliches empfehlen. Da sie nach
Sinnesbefriedigung und einem Leben in Hülle und Fülle
begehren, sagen sie, es gäbe nichts, was darüber
hinaus gehe.
2.44
Wer zu sehr am Sinnesgenuß und materiellen Reichtum
haftet und von solchen Dingen verwirrt ist, kann nicht den
festen Entschluß fassen, dem Höchsten Herrn in
Hingabe zu dienen.
2.45
Die Veden handeln hauptsächlich von den drei Erscheinungsweisen
der materiellen Natur. Erhebe dich über diese Erscheinungsweisen,
o Arjuna. Sei transzendental zu ihnen. Befreie dich von
allen Dualitäten und aller Sorge um Gewinn und Sicherheit,
und sei im Selbst verankert.
2.46
Alle Aufgaben, die ein kleiner Brunnen nach und nach erfüllt,
kann ein großer See sofort erfüllen. Ähnlich
kann alle Früchte der Veden erhalten, wer das Ziel
der Veden kennt.
2.47
Du hast das Recht, deine vorgeschriebenen Pflichten zu erfüllen,
doch die Früchte deiner Handlung stehen dir nicht zu.
Halte dich niemals für die Ursache der Ergebnisse,
die deinen Aktivitäten entspringen, noch trachte danach,
deine Pflicht nicht zu erfüllen.
2.48
Sei fest im yoga verankert, o Arjuna. Erfülle deine
Pflicht und gib jede Anhaftung an Erfolg oder Mißerfolg
auf. Eine solche Ausgeglichenheit des Geistes wird yoga
genannt.
2.49
O Dhananjaya, befreie dich von allen fruchtbringenden Aktivitäten
durch hingebungsvolles Dienen, und gib dich diesem Bewußtsein
völlig hin. Diejenigen, die die Früchte ihrer
Arbeit genießen wollen, sind Geizhälse.
2.50
Ein Mensch, der im hingebungsvollen Dienen beschäftigt
ist, befreit sich bereits indiesem Leben so wohl von guten
als auch von schlechten Reaktionen. Daher, o Arjuna,versuche
in yoga zu handeln, der Kunst aller Arbeit.
2.51
Die Weisen, die im hingebungsvollen Dienen beschäftigt
sind, suchen beim Herrn Zuflucht und befreien sich vom Kreislauf
der Geburten und Tode, in dem sie den Früchten ihres
Handelns in der materiellen Welt entsagen. Auf diese Weise
erreichen sie den Zustand, der jenseits aller Leiden liegt.
2.52
Wenn deine Intelligenz aus dem finsteren Wald der Illusion
herausgetreten ist, wirst du gleichgültig werden gegenüber
allem, was zu hören war und noch zu hören ist.
2.53
Wenn dein Geist nicht länger von der blumigen Sprache
der Veden verwirrt ist und fest in der Trance der Selbstverwirklichung
verankert bleibt, hast du das göttliche Bewußtsein
erreicht.
2.54
Arjuna sagte: O Kesava, welche Merkmale weist ein Mensch
auf, dessen Bewußtsein in die Transzendenz eingegangen
ist? Wie und worüber spricht er? Wie sitzt er, und
wie geht er?
2.55
Der Höchste Herr sagte: O Partha, wenn ein Mensch alle
Arten von Sinnesbegehren aufgibt, die gedanklichen überlegungen
entspringen, und allein im Selbst Zufriedenheit findet,
sagt man von ihm, er sei im reinen transzendentalen Bewußtsein
verankert.
2.56
Wer trotz der dreifachen Leiden nicht verwirrt ist, nicht
von Freude überwältigt wird, wenn er Glück
erfährt, und frei von Anhaftung, Angst und ärger
ist, wird ein Weiser mit stetigem Geist genannt.
2.57
Wer frei von Anhaftung ist und nicht frohlockt, wenn ihm
Gutes widerfährt, noch jammert, wenn ihm übles
geschieht, ist fest im vollkommenen Wissen verankert.
2.58
Wer, gleich einer Schildkröte, die ihre Gliedmaßen
in den Panzer einziehen kann, im stande ist, seine Sinne
von den Sinnesobjekten zurückzuziehen, gründet
in wirklichem Wissen.
2.59
Die verkörperte Seele kann zwar von Sinnesfreuden zurückgehalten
werden, doch der Geschmack für die Sinnesobjekte bleibt;
wenn sie jedoch solche Neigung aufgibt, da sie einen höheren
Geschmack erfährt, ist sie im transzendentalen Bewußtsein
gefestigt.
2.60
Die Sinne sind so stark und ungestüm, o Arjuna, daß
sie sogar den Geist eines Menschen hinwegreißen, der
Unterscheidungsvermögen besitzt und bemüht ist,
sie zubeherrschen.
2.61
Wer seine Sinne beherrscht und sein Bewußtsein fest
auf Mich richtet, ist ein Mensch von stetiger Intelligenz.
2.62
Beim Betrachten der Sinnesobjekte entwickelt ein Mensch
Anhaftung; aus solcher Anhaftung entwickelt sich Lust, und
aus Lust geht Zorn hervor.
2.63
Aus Zorn entsteht Täuschung, und der Täuschung
folgt die Verwirrung der Erinnerung. Wenn die Erinnerung
verwirrt ist, geht die Intelligenz verloren, und wenn man
die Intelligenz verloren hat, fällt man wieder in den
materiellen Sumpf zurück.
2.64
Wer seine Sinne beherrschen kann, in dem er den regulierenden
Prinzipien der Freiheit folgt, kann die Barmherzigkeit des
Herrn erlangen und somit von aller Anhaftung und Abneigung
frei werden.
2.65
Wer im göttlichen Bewußtsein gründet, ist
von den dreifachen Leiden des materiellen Daseins befreit;
in diesem glücklichen Zustand wird seine Intelligenz
sehr baldstetig.
2.66
Wer nicht im transzendentalen Bewußtsein gründet,
kann weder einen kontrollierten Geist noch stetige Intelligenz
besitzen, ohne die es unmöglich ist, Frieden zu erlangen.
Und wie kann es Glück ohne Frieden geben?
2.67
Gleich einem Boot auf dem Wasser, das von einem Sturm hinweggerissen
wird, kann die Intelligenz des Menschen schon von einem
der Sinne davongetragen werden, auf den der Geist sich richtet.
2.68
Daher, o Starkarmiger, verfügt der, dessen Sinne von
ihren Objekten zurückgezogen sind, über stetige
Intelligenz.
2.69
Was Nacht ist für alle Wesen, ist die Zeit des Erwachens
für den Selbstbeherrschten,und was die Zeit des Erwachens
ist für alle Wesen, ist Nacht für den nach innengekehrten
Weisen.
2.70
Nur wer von der unaufhörlichen Flut von Wünschen
nicht beeinflußt wird - die wie Flüsse sind,
die in den Ozean münden, der ständig angefüllt
wird, doch immer ruhig bleibt - kann Frieden erlangen, und
nicht derjenige, der versucht, diese Verlangen zu befriedigen.
2.71
Nur wer alle Verlangen nach Befriedigung der Sinne aufgegeben
hat, frei von Begierden ist, keinen Anspruch auf Besitz
erhebt und ohne falsches Ich ist, kann wirklichen Frieden
erlangen.
2.72
Dies ist das Göttliche, spirituelle Leben - wenn man
es erreicht hat, ist man nicht mehr verwirrt. Ist man selbst
zur Stunde des Todes in diesem Bewußtsein verankert,
kann man in das Königreich Gottes eintreten.
«
zurück -- weiter
»