Mahabharata, Adi Parva, Kapitel 129

Bhimas Rückkehr und weitere Anschläge

Inzwischen machten sich die Kauravas und Pandavas, nachdem sie gespielt hatten, ohne Bhima nach Hastinapura auf, einige auf Pferden, einige auf Elefanten, während andere Wagen und andere Transportmittel vorzogen. Auf ihrem Weg sagten sie zueinander: "Wahrscheinlich ist Bhima vor uns gegangen." Und der verruchte Duryodhana war von Herzen froh, Bhima los zu sein und betrat mit seinen Brüdern freudig die Stadt.

Der tugendhafte Yudhishthira, der selbst mit Lasterhaftigkeit und Gottlosigkeit nicht vertraut war, betrachtete andere als so ehrlich seiend, wie er selbst. Mit väterlicher Lieber erfüllt, ging der älteste Sohn von Kunti zu seiner Mutter, erwies ihr Ehrerbietungen und sagte zu ihr: "O Mutter, ist Bhima gekommen? O gute Mutter, ich finde ihn hier nicht. Wohin ist er gegangen? Wir haben lange überall in den Gärten und hübschen Wäldern nach ihm gesucht, ihn aber nirgends gefunden. Schließlich glaubten wir, daß der heldenhafte Bhima uns allen vorausgegangen ist. O erlauchte Dame, wir kamen in großer Sorge hierher. Wohin ist er gegangen, als er hier angekommen war? Hast du ihn irgendwo hin geschickt? O bitte sage es mir, ich bin hinsichtlich des mächtigen Bhima in großer Besorgnis. Er war eingeschlafen und ist nicht gekommen. Meine Schlußfolgerung ist, daß er nicht mehr lebt."

Als Kunti diese Worte des hoch intelligenten Yudhishthira hörte, schrie sie bestürzt und sagte: "Lieber Sohn, ich habe Bhima nicht gesehen. Er kam nicht zu mir. Kehre geschwind mit deinen Brüdern zurück und suche nach ihm."

Als sie dies bekümmert zu ihrem ältesten Sohn gesagt hatte, rief sie Vidura und sagte: "O ksattri, Bhima wird vermißt! Wohin ist er gegangen? Die anderen Brüder sind alle von den Gärten zurückgekommen, nur der starkarmige Bhima kommt nicht nach Hause! Duryodhana mag ihn nicht. Der Kaurava ist unehrlich und boshaft, gemein und unklug. Er begehrt offen nach dem Thron. Ich fürchte, er könnte meinen Liebling in einem Wutanfall erschlagen haben. Dies betrübt mich sehr, es verbrennt in der Tat mein Herz."

Vidura antwortete: "Gesegnete Dame, sprich nicht so! Beschütze deine eigenen Söhne aufmerksam. Wenn der gottlose Duryodhana beschuldigt wird, könnte er deine verbleibenden Söhne ermorden. Der große Weise hat gesagt, daß all deinen Söhne lange leben werden. Deswegen wird Bhima sicherlich zurückkehren und dein Herz erleichtern."

Nachdem der weise Vidura dies zu Kunti gesagt hatte, kehrte er in seine Wohnung zurück, während Kunti in großer Sorge mit ihren Kindern fortan Zuhause blieb.

Inzwischen erwachte Bhima am achten Tag von jenem Schlummer und fühlte sich über alle Maßen stark, da der Nektar, den er eingenommen hatte, vollständig verdaut war. Als ihn die Nagas aufwachen sahen, fingen sie an, ihn zu trösten und aufzumuntern: "O Starkarmiger, das Stärke verleihende Getränk, welches du getrunken hast, wird dir die Macht von zehntausend Elefanten verleihen! Niemand wird dich nun mehr im Kampf besiegen können. O du Bulle des Kuru Geschlechtes, bade in diesem heiligen und glückverheißenden Wasser und kehre nach Hause zurück. Deine Brüder sind untröstlich wegen dir."

Darauf reinigte sich Bhima mit einem Bad in jenen Gewässern. Mit weißen Gewändern und Blumengirlanden derselben Farbe bekleidet, aß er von dem paramanna (Pudding aus Reis und Zucker), das ihm von den Nagas angeboten wurde. Dann nahm jener mit himmlischem Schmuck bedeckte Bedrücker aller Feinde die Verehrungen und Segnungen der Schlangen entgegen und sie seinerseits ehrend, erhob er sich aus der Unterwelt. Den lotusäugigen Pandava von unter dem Wasser hoch tragend, brachten ihn die Nagas genau zu jenem Garten wo er gespielt hatte und verschwanden direkt vor seinen Augen.

Als der mächtige Bhima auf der Oberfläche der Erde angekommen war, rannte er geschwind zu seiner Mutter. Als er sich vor ihr und seinem älteren Bruder verbeugte und die Köpfe seiner jüngeren Brüder gerochen hatte, wurde dieser Bedrücker aller Feinde von seiner Mutter und von jedem dieser Bullen unter den Menschen umarmt. Liebevoll zueinander seiend, riefen sie alle immer wieder: "Wie groß ist unserer Freude heute, o welch Freude!"

Dann erzählte der mit großer Stärke und Tüchtigkeit versehene Bhima seinen Brüdern alles über die Schurkerei von Duryodhana und die glücklichen und unglücklichen Ereignisse, die ihm in der Welt der Schlangen widerfahren waren. Darauf sagte Yudhishthira: "Behalte dies für dich. Sprich darüber mit niemandem. Beschützt euch alle von diesem Tag an aufmerksam gegenseitig." So von dem rechtschaffenen Yudhishthira gewarnt, wurden sie alle, auch Yudhishthira selbst, von jenem Tag an sehr wachsam. Und damit die Söhne von Kunti nicht unachtsam wurden, bot ihnen Vidura fortwährend weise Ratschläge an.

Duryodhana vermischte einige Zeit danach wieder frisches, gefährliches und sehr tödliches Gift in das Essen von Bhima. Doch Yuyutsu (Dhritarashtras Sohn von einer vaisya Frau) informierte die Pandavas davon, da er ihnen gegenüber Freundschaft hegte. Jedoch Bhima schluckte es ohne zu zögern und verdaute es vollständig. Und obwohl das Gift sehr stark war, hatte es keine Wirkung auf Bhima.

Als das fürchterliche Gift, das für die Vernichtung von Bhima gedacht war, keine Wirkung zeigte, griffen Duryodhana, Karna und Sakuni, ohne ihr boshaftes Ziel aufzugeben, zu zahllosen anderen Mitteln, um den Tod der Pandavas zu bewirken. Und obwohl jeder ihrer Pläne den Pandavas vollständig bekannt war, hielten diese, entsprechend dem Rat von Vidura, ihre Empörung zurück.

Währenddessen ernannte der König (Dhritarashtra), der erkannt hatte, daß die Kuru Prinzen ihre Zeit mit Müßiggang verbrachten und ungezogen wurden, Kripa als ihren Lehrer und sandte sie zu ihm, um sie zu unterweisen. Der unter einem Klumpen Heidekraut geborene Kripa war hoch gelehrt in den Vedas und unter ihm fingen die Kuru Prinzen an, den Gebrauch von Waffen zu erlernen.

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