"Bald wird
eine Persönlichkeit erscheinen, um die Lehren von Sri Caitanya zu predigen und
mit Seiner Botschaft uneingeschränkt über die ganze Welt zu reisen."
Bhaktivinoda Thakura, 1875
"Bald wird
eine Zeit kommen, wo das Chanten von Krishnas Heiligen Namen in England, Frankreich,
Russland, Deutschland und Amerika gehört werden wird."
Bhaktivinoda Thakura in Sajjana-toshani (Nityanana Suryodoy, 19. Jhdt.)
Als am 19. September 1965 das indisches Frachtschiff
Jaladuta im Hafen von New York anlegte, hatte es einen für amerikanische Verhältnisse
merkwürdigen Passagier an Bord: einen 70 Jahre alten indischen sannyasi,
ein Mönch im Lebensstand der Entsagung. Er hatte allem Weltlichen entsagt und
sich auf Anweisung seines eigenen spirituellen Meisters ausschließlich der Verbreitung
der Lehre Krishnas gewidmet. Sein Name war A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada.
Er kam als völlig mittelloser Mensch, der die lange, über einen Monat dauernde
Schiffsreise von Kalkutta gerade so überlebt hatte. Das Alter und die anstrengende
Reise hätten ihn beinahe das Leben gekostet. Sein einziger Reichtum war der Heilige
Name Krishnas. Aber auch diesen wollte er verteilen.
Nach einem Jahr großer Schwierigkeiten und Entbehrungen konnte Srila Prabhupada
die Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewußtsein (ISKCON) gründen, eine
Organisation, in der sich Menschen zusammenfinden konnten, um gemeinsam Krishna-Bewußtsein
zu praktizieren. Die Hingabe und spirituelle Reinheit Srila Prabhupadas zog viele,
zumeist junge Menschen an, die sich mit den Werten einer bürgerlichen, materialistischen
Gesellschaft nicht identifizieren konnten.
In nur zehn Jahren entwickelte sich aus einem kleinen, äußerst bescheidenen Tempel
in New York eine weltweite Organisation mit über 100 Zentren und Farmgemeinschaften,
einem großen Verlag und einer Reihe anderer Projekte. Überall auf der Welt praktizierten
die Mitglieder der Gesellschaft öffentlich sankirtan, das gemeinsame Singen
der Heiligen Namen der Höchsten Persönlichkeit Gottes Krishna. Überall erklang
der Heilige Name in Form des bis damals nur auf dem indischen Subkontinent berühmten Maha-mantras: Hare Krishna Hare Krishna Krishna Krishna Hare Hare Hare
Rama Hare Rama Rama Rama Hare Hare.
Srila Prabhupada schreibt im Caitanya
Caritamrita (Adi-lila, Vers 17.213): "Zum Glück ist
unsere Hare-Krishna-Bewegung auf der ganzen Welt, besonders in der zivilisierten
Welt von Europa und Amerika, sehr populär geworden. Im allgemeinen beklagt sich
niemand über uns und verlangt, daß wir aus der Stadt verwiesen werden. Nur in
Melbourne, Australien, wurde ein solcher Versuch tatsächlich unternommen, doch
scheiterte er. Wir führen daher jetzt die Hare-Krishna-Bewegung in großen Städten
der Welt ein, wie New York, London, Paris, Tokyo, Sydney, Melbourne, Auckland,
und durch die Gnade Sri Caitanya Mahaprabhus geht alles sehr gut. Die Menschen
nehmen mit Freude das Prinzip des Chantens des Hare-Krishna-mantra an, und das
Ergebnis ist höchst zufriedenstellend."
Im Kommentar zum Srimad Bhagavatam
(4.12.48) schreibt er: "Man sollte insbesondere die
Gesellschaft von brahmanas (Priestern) suchen, die in die Stellung von Vaisnavas
(Gottgeweihten) erhoben sind. Auf diese Weise werden Gespräche über das Srimad
Bhagavatam, das den Charakter und die Spiele von Gottgeweihten und des Herrn beschreibt,
sehr schnell wirksam sein. Die Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewußtsein
ist zu diesem Zweck organisiert worden. In jedem Zentrum dieser Gesellschaft findet
fortgesetzt - nicht nur am Morgen, Abend und Mittag, sondern praktisch 24 Stunden
am Tag - hingebungsvoller Dienst statt. Jeder, der mit der Gesellschaft in Berührung
kommt, wird von selbst ein Gottgeweihter. Wir haben die praktische Erfahrung gemacht,
daß viele karmis (Menschen, die nach materiellem Reichtum streben) oder andere
zu der Gesellschaft kommen und eine sehr angenehme und friedvolle Atmosphäre in
den Tempeln der ISKCON finden. [...] Jeder kann sich der Internationalen Gesellschaft
für Krishna-Bewußtsein anschließen und eingeweiht werden."
In
den 70er Jahren waren die "Hare Krishnas", die Schüler Srila Prabhupadas,
praktisch überall bekannt. Bald schon gehörten diese singenden und tanzenden Mönche
und Nonnen in ihren fliegenden bunten Gewändern zum allgemeinen Stadtbild. So
andersartig wie das Erscheinungsbild der "Krishnas" war, so gegenteilig
war deren Aufnahme bei der Bevölkerung. Während einige sie aufgrund ihrer äußeren
Erscheinung als herumhüpfende Narren bezeichneten, erkannten andere, die ein wenig
tiefer zu blicken vermochten, die erhabene religiöse Philosophie und heilige Tradition
Indiens. Obwohl es gar nie so enorm viele Krishna-Geweihte gab, traten sie mit
einer mystischen Macht auf, als ob es Millionen wären. Zwar gründete diese Macht
zu einem Teil auf ihrem exotischen Flair, das für Fernsehsendungen und Illustrierte
wie geschaffen war; ihre wirkliche Stärke war aber ihre Hingabe an Krishna und
ihren spirituellen Meister, Srila Prabhupada. Sie wurden mit Engel aus Vaikuntha,
der spirituellen Welt, verglichen. Und das waren sie wirklich. Vom Höchsten Herrn
selbst herabgeschickt, um die gefallenen Seelen zu retten.
Srila Prabhupada schreibt in seinem
Vorwort zur Bhagavad-gita: "Unsere Bewegung für Krishna-Bewußtsein
ist unverfälscht, geschichtlich autorisiert, natürlich und transzendental, da
sie auf der Bhagavad-gita Wie Sie Ist gründet. Sie wird allmählich zur populärsten
Bewegung auf der ganzen Welt, besonders unter der jüngeren Generation. Aber auch
ältere Menschen zeigen mehr und mehr Interesse, ja viele Väter und Großväter meiner
Schüler fördern uns, indem sie bei unserer großen Gesellschaft, der Internationalen
Gesellschaft für Krishna-Bewußtsein, Mitglieder auf Lebenszeit werden. In Los
Angeles pflegten mich viele Väter und Mütter zu besuchen, um mir ihre Dankbarkeit
dafür auszudrücken, daß ich die Bewegung für Krishna-Bewußtsein überall auf der
Welt leite. Einige von ihnen sagten, es sei ein großes Glück für die Amerikaner,
daß ich die Bewegung für Krishna-Bewußtsein in Amerika begann. In Wirklichkeit
aber ist der ursprüngliche Vater dieser Bewegung Sri Krishna Selbst, da sie vor
sehr langer Zeit begonnen wurde und ihre Lehre durch eine Nachfolge von spirituellen
Meistern bis in die heutige menschliche Gesellschaft überliefert worden ist. Wenn
ich in diesem Zusammenhang irgendein Verdienst habe, so kommt es mir nicht persönlich
zu, sondern gebührt meinem ewigen spirituellen Meister, His Divine Grace Om Visnupada
Paramahamsa Parivrajakacarya 108 Sri Srimad Bhaktisiddhanta Sarasvati Gosvami
Maharaja Prabhupada."
In vielen Ländern wurden die Hare Krishnas
durch ihre bunten Feste und Festivals bekannt und beliebt. Die Palette reichte
von klassischen, bis dato nur in Indien abgehaltenen Festivals, wie etwa das Wagenfest,
bei dem große, bunt geschmückte Wagen mit den Bildgestalten des Höchsten Herrn
durch die Straßen gezogen werden, bis hin zum allwöchentlichen Sonntagsfest für
die Gäste und den Freundeskreis.
"In
jedem Zentrum unserer Institution, ISKCON, findet jeden Sonntag ein Fest der Liebe
statt, und wenn wir sehen, daß die Menschen in unser Zentrum kommen, mit uns chanten,
tanzen, prasada essen, fröhlich werden und Bücher kaufen, wissen wir, daß ohne
Zweifel Sri Caitanya Mahaprabhu bei solch transzendentalen Tätigkeiten gegenwärtig
ist und daß Er sehr erfreut und zufrieden ist", schreibt Srila Prabhupada
im Kommentar zum Caitanya-caritamrita (Adi-lila, 9.50).
Im
selben Buch (Madhya-lila, 13.19) schreibt er über das Wagenfest in London: "Im
Jahre 1973 fand in London, England, ein prachtvolles Ratha-yatra-Fest statt, und
der Wagen wurde bis zum Trafalgar Square gezogen. Die Londoner Zeitung The Guardian
veröffentlichte auf der ersten Seite einen Artikel mit einem Foto und der Schlagzeile:
'ISKCON-Ratha-yatra im Wettstreit mit der Nelson-Säule auf dem Trafalgar Square.'
Die Nelson-Säule ist eine sehr eindrucksvolle Statue Lord Nelsons und kann aus
einer großen Entfernung gesehen werden. Ebenso, wie die Bewohner von Puri (Indien)
den Ratha-yatra-Wagen mit dem Berg Sumeru verglichen, so wetteiferte unser Wagen
in den Augen der Einwohner von London mit dem Nelson-Denkmal."
Unermüdlich reiste Srila Prabhupada trotz seines fortgeschrittenen
Alters von Land zu Land, hielt Vorträge, gab Interviews, kümmerte sich um die
Organisation, übersetzte die wichtigsten Werke der vedischen Literatur und überbrachte
so Millionen von Menschen die Botschaft Krishnas. Er gründete den Bhaktivedanta
Book Trust, den damals größten Verlag altindischer, vedischer Literatur und
nahm Tausende von Schülern an, die seine Übersetzungen, die bald in millionenfacher
Auflage in vielen der wichtigsten Sprachen der Welt erschienen, enthusiastisch
verteilten.
In der
Einführung
des ersten Kapitels des Srimad Bhagavatam schreibt
Srila Prabhupada: "Fortgesetzt bemühe ich mich, Bücher
zu veröffentlichen, genau wie es mir mein spiritueller Meister aufgetragen hat.
In diesem Jahr nun, 1976, habe ich den Siebten Canto des Srimad Bhagavatam abgeschlossen,
und eine Zusammenfassung des Zehnten Cantos ist bereits unter dem Titel, Krishna,
der Höchste Persönliche Gott erschienen. Nichtsdestoweniger steht die Veröffentlichung
des Achten, des Neunten, des Zehnten, des Elften und des Zwölften Cantos noch
aus. Daher möchte ich an dieser Stelle zu meinem spirituellen Meister beten, er
möge mir die Kraft geben, dieses Werk zu beenden. Ich bin weder ein großer Gelehrter
noch ein großer Gottgeweihter; ich bin nichts weiter als ein demütiger Diener
meines spirituellen Meisters, den ich nach besten Kräften zu erfreuen versuche,
indem ich diese Bücher mit der Hilfe meiner Schüler in Amerika veröffentliche.
Zu unserer Freude schätzen Gelehrte auf der ganzen Welt diese Publikationen. Laßt
uns gemeinsam mehr und mehr Bände des Srimad Bhagavatam veröffentlichen, um so
His Divine Grace Bhaktisiddhanta Sarasvati Thakura zu erfreuen."
Srila Prabhupada forderte von der
Allgemeinheit und vor allem von den Mitgliedern der ISKCON, daß sie verschiedene
regulierende Prinzipien einhielten. Sehr wichtig war ihm eine möglichst gewaltfrei
Ernährung, wobei ihm besonders der Schutz der Kühe am Herzen lag, denn diese Tiere
werden von den Veden als eine der Mütter der Menschen beschrieben und auch Krishna
legt ganz besonderen Wert auf das Wohlergehen dieser Tiere.
"Die Kühe zu beschützen
ist von größter Wichtigkeit, denn wenn man gut für die Kühe sorgt, werden sie
garantiert genügend Milch geben. In Amerika bekommen die Kühe auf unseren verschiedenen
ISKCON-Farmen genügend Schutz, und wir haben die praktische Erfahrung gemacht,
daß wir mehr als genug Milch bekommen. Die Kühe auf anderen Farmen geben nicht
so viel Milch wie die unsrigen; weil unsere Kühe ganz genau wissen, daß wir sie
nicht töten, sind sie glücklich und geben Milch im Überfluß. [...] Wenn wir sagen,
daß die Kühe beschützt werden müssen, werden die
Fleischesser protestieren. Doch als Antwort auf ihre Einwände können wir entgegnen,
daß Krishna großen Wert darauf legt, daß die Kühe beschützt werden, und daß diejenigen,
die den Drang verspüren, Fleisch zu essen, deshalb das Fleisch unwichtiger Tiere
wie der Schweine, Hunde, Ziegen und Schafe essen sollen. Auf keinen Fall jedoch
dürfen sie Kühe töten, denn dies wirkt sich auf den spirituellen Fortschritt der
menschlichen Gesellschaft verheerend aus", schreibt Srila Prabhupada
im Kommentar zu Vers 9.15.25 des Srimad Bhagavatams.
Weiter schreibt er im Kommentar
zu Vers 1.7.37 des selben Buches: "Nach
Manu, dem bedeutenden Verfasser bürgerlicher Gesetze und religiöser Prinzipien,
ist selbst jemand, der ein Tier tötet, als Mörder anzusehen, da Tiernahrung niemals
für den zivilisierten Menschen bestimmt ist, dessen vornehmste Pflicht es ist,
sich auf die Rückkehr zu Gott vorzubereiten. Manu sagt, daß hinter der Tötung
eines Tieres eine regelrechte Verschwörung von Sündern steht, die alle als Mörder
bestraft werden müssen, ebenso wie eine Gruppe von Verschwörern, die gemeinsam
einen Menschen umbringen. Derjenige,
der die Erlaubnis gibt, ein Tier zu töten; derjenige, der das Tier tötet; derjenige,
der das geschlachtete Tier verkauft; derjenige, der das Fleisch zubereitet; derjenige,
der die Speise verteilt, und schließlich derjenige, der das Fleisch ißt
- sie alle sind Mörder und unterliegen der gleichen Bestrafung
durch die Gesetze der Natur."
(Das Karma der Fleischesser)
Solche und andere Prinzipien waren
und sind in (Un)Kulturen, wo das massenhafte Schlachten von Tieren, einfach nur
zur Befriedigung abartiger Gelüste der Zunge, allgegenwärtig ist, unbequem, und
so war ISKCON schon von Anfang an in der Öffentlichkeit umstritten. Und nicht
nur in der westlichen. Die Inder mißtrauten den Amerikanern und Europäern, die
sich nun plötzlich wie Inder aufzuführen versuchten; außerdem hatten in Indien
generell alle Gurus, die im Westen erfolgreich sind, nicht unbegründet einen schlechten
Ruf. Opposition gab es von Seiten der konservativen Hindus, die bis heute noch
nicht-indischen Konvertiten den Zugang zu verschiedenen Tempeln verweigern. Harsche
Kritik und Beschuldigungen kam aber auch von verschiedenen sogenannten Gottbrüdern
Prabhupadas in Indien (andere Schüler von Bhaktisiddhanta Sarasvati, des spirituellen
Meisters Srila Prabhupadas), die ihm seine Erfolge neidisch waren.
"Zuweilen kritisieren
neidische Menschen die Bewegung für Krishna-Bewußtsein, weil bei uns Jungen und
Mädchen gleichermaßen darin beschäftigt sind, Liebe zu Gott zu verbreiten. Da
sie nicht wissen, daß Jungen und Mädchen in Ländern wie Europa und Amerika sehr
frei miteinander umgehen, werfen diese Toren den Jungen und Mädchen im Krishna-Bewußtsein
vor, sie würden sich 'vermischen'. Doch diese Halunken sollten bedenken, daß man
die Sitten und Gebräuche einer Gemeinschaft nicht von heute auf morgen ändern
kann. Da jedoch sowohl die Jungen als auch die Mädchen zu Predigern ausgebildet
werden, sind diese Mädchen keine gewöhnlichen Mädchen, sondern ebenso gut wie
ihre Brüder, die Krishna-Bewußtsein predigen. Jungen und Mädchen in völlig transzendentalen
Tätigkeiten zu beschäftigen, ist daher ein Mittel, das angewandt wurde, um die
Bewegung für Krishna-Bewußtsein zu verbreiten. Die neidischen Dummköpfe, die uns
ein 'Vermischen' von Jungen und Mädchen vorwerfen, werden mit ihrer eigenen Torheit
zufrieden sein müssen, weil sie sich nicht vorstellen können, wie man Krishna-Bewußtsein
verbreiten kann, indem man Mittel und Wege nutzt, die für diesen Zweck vorteilhaft
sind. Ihre schablonenhaften Methoden werden niemals zur Verbreitung des Krishna-Bewußtseins
beitragen. [...] Da beispielsweise Jungen und Mädchen in den westlichen Ländern
freien Umgang miteinander haben, sind hinsichtlich ihrer Sitten und Gewohnheiten
besondere Zugeständnisse notwendig, um sie zum Krishna-Bewußtsein zu bringen.
Der acarya (Lehrer) muß ein Mittel finden, sie zum hingebungsvollen Dienst zu
bringen. Aus diesem Grunde übernehme ich es manchmal, Jungen und Mädchen zu verheiraten,
obwohl ich sannyasi bin, und es in der Geschichte des sannyasa-Standes noch nie
einen sannyasi gegeben hat, der seine Schüler verheiratete", schreibt
Srila Prabhupada im Caitanya-caritamrita (Adi-lila, Vers 7.31-32 & 37).
Im Kommentar zum nächsten Vers
ergänzt er: "Wir unterweisen jedoch sowohl Männer als
auch Frauen eingehend, wie man predigt - und tatsächlich predigen sie wunderbar.
Selbstverständlich verbieten wir sehr streng unzulässige geschlechtliche Beziehungen.
Jungen und Mädchen, die nicht verheiratet sind, ist es nicht gestattet, miteinander
zu schlafen oder zusammenzuleben; deshalb gibt es in jedem Tempel für Jungen und
Mädchen getrennte Wohnräume."
"Die
Lehre des bhagavata-dharma (der ewigen Religion aller Menschen) läßt sich unter
allen Umständen, unter allen Menschen in allen Ländern verbreiten. Viele neidische
Menschen klagen diese Bewegung für Krishna-Bewußtsein an, die Striktheit des sogenannten
Hinduismus zu unterwandern. Dies ist jedoch nicht der Fall. Sri Caitanya Mahaprabhu
bestätigt, daß hingebungsvoller Dienst für den Herrn - der Vorgang des bhagavata-dharma,
der nun durch die Hare-Krishna-Bewegung bekannt gemacht wird - in jedes Land,
an jeden Menschen, in jeder Lebenssituation und unter allen Umständen verbreitet
werden kann. Bhagavata-dharma beschränkt reine Gottgeweihte nicht auf die Hindu-Gemeinschaft,
denn ein reiner Gottgeweihter steht über einem brahmana. Daher ist es nicht unverantwortlich,
die heilige Schnur den Gottgeweihten in Europa, Amerika, Australien, Japan, Kanada
usw. zu übergeben. Manchmal wird diesen reinen Gottgeweihten, die von Sri Caitanya
Mahaprabhu angenommen wurden, nicht erlaubt, gewisse Tempel in Indien zu betreten,
und einige der brahmans und gosvamis aus den oberen Kasten lehnen es ab, in den
Tempeln der Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewußtsein prasada (geweihtes
Essen) entgegenzunehmen. Tatsächlich aber verstößt dies gegen die Anweisung Sri
Caitanya Mahaprabhus; die Gottgeweihten können aus jedem beliebigen Land stammen,
und sie können jeder beliebigen Glaubensrichtung oder Rasse angehören",
schreibt Srila Prabhupada im Kommentar zum Caitanya-caritamrita (Vers 25.120).
"Das
Prinzip, daß nur Inder und Hindus in die Vaisnava-Gemeinde aufgenommen werden
können, ist eine falsche Vorstellung. Es sollte so viel gepredigt werden, daß
jeder zu einem Vaisnava wird. Die Bewegung für Krishna-Bewußtsein ist zu diesem
Zweck bestimmt. Es besteht kein Hindernis, die Bewegung für Krishna-Bewußtsein
sogar unter solchen Menschen zu verbreiten, die in candala-, mleccha- oder yavana-Familien
geboren sind", kommentiert Srila Prabhupada die Anweisung Sri Caitanyas,
daß der Heilige Name in jedem Winkel der Welt zu hören sein soll (Srimad
Bhagavatam, Vers 4.8.54).
Die westlichen Gottgeweihten, die
viele hinduistische Gebräuche nicht kannten, wurden in den indischen Tempeln nicht
sonderlich gut aufgenommen. Sie wurden abgewiesen oder ausgelacht. Eine solche
Behandlung konnte Srila Prabhupada, dem seine Schüler sehr lieb waren, nicht dulden.
So fing er an, selbst in Indien Tempel zu errichten, die inzwischen allgemein
anerkannt sind. Er schreibt im Caitanya-caritamrita (Vers 25.183): "Den
Fußspuren Sri Caitanya Mahaprabhus folgend, haben wir sowohl in Vrndavana als
auch in Mayapur, Navadvipa, Tempel errichtet, nur um den ausländischen Gottgeweihten,
die aus Europa und Amerika kommen, eine Zufluchtsstätte zu bieten. Seit die Hare-Krishna-Bewegung
besteht, haben viele Europäer und Amerikaner Vrndavana besucht, doch von keinem
asrama (Kloster) oder Tempel wurden sie in gebührender Weise empfangen. Die Internationale
Gesellschaft für Krishna-Bewußtsein betrachtet es als ihre Aufgabe, ihnen Zuflucht
zu gewähren und sie im hingebungsvollen Dienst auszubilden. Es gibt so viele Touristen,
die nach Indien kommen wollen, um Indiens spirituelles Leben zu verstehen, und
die Gottgeweihten in unseren Tempeln in Vrndavana und in Navadvipa sollten alles
Nötige arrangieren, um sie so gut wie möglich unterzubringen."
Sei
es die scheinliberale westliche Kultur oder die konservative indische Kultur:
Srila Prabhupada ließ sich von vergänglichen Umständen wie Tradition und Kultur
überhaupt nicht behindern; er war ein Diener Krishnas und nicht ein Diener irgendeiner
vermeintlichen Tradition oder Religion. Das, was für seinen Dienst als Prediger
förderlich war, nahm er an, der Rest wurde abgelehnt. Damit stieß er beileibe
nicht nur die indischen Traditionalisten vor den Kopf. Auch deren westliche Vertreter
hatten ihr Teil, was alleine schon die Kleidung und das Auftreten der Mitglieder
der ISKCON eindrucksvoll belegte.
In den westlichen Staaten wurden die oft radikalen Konzepte der ISKCON, die die
Mitglieder der Organisation der Konsumgesellschaft völlig entfremdeten, erheblich
kritisiert. Kritiker, die täglich über die Abartigkeiten der Konsumgesellschaft
klagten, sahen sich nun mit Personen konfrontiert, die Konsum, Geldstreben und
Sinnengenuß tatsächlich und konsequent abgeschworen hatten. Interessanterweise
erwiesen sich viele dieser Kritiker daraufhin als Heuchler, denn nun fingen sie
an, die Hare Krishnas dafür zu kritisieren, daß sie sich tatsächlich
von der Konsumgesellschaft abgewandt hatten! Sektenbeauftragte und Pfarrer verschiedener
etablierter Kirchen und selbsternannte Anti-Kult-Experten hetzten die Öffentlichkeit
gegen die Mitglieder der ISKCON auf, indem sie die ISKCON der Gehirnwäsche (wegen
dem ständigen Chanten der Namen Gottes) und sogar der Kindesentführung beschuldigten.
Dies taten sie jedoch ungeachtet der Tatsachen, daß das ständige Chanten der Namen
Gottes ein in allen Weltreligionen empfohlener Vorgang ist und es in praktisch
jeder religiösen Strömung zumindest eine Richtung gibt oder gab, die sich diesem
Vorgang speziell widmet. Auch konnte der ISKCON wirklich nur schwerlich die Schuld
gegeben werden, wenn sich einzelne minderjährige Jugendliche (aus meist defekten
Familien) in die Organisation flüchteten und sich dem Zugriff der Eltern durch
Fernreisen absichtlich entzogen.
Im Kommentar zum Vers 9.24.62 des
Srimad Bhagavatams schreibt Srila Prabhupada: "Gegenwärtig
werden Gottgeweihte in den westlichen Ländern vom Krishna-Bewußtsein angezogen
und verlieren das Interesse an materialistischen Tätigkeiten, und deshalb versuchen
manche Menschen, dieser Bewegung Hindernisse in den Weg zu legen. Sie können diese
Bewegung jedoch unmöglich aufhalten oder die Tätigkeiten der Gottgeweihten in
Europa und Amerika mit künstlichen Erschwernissen unterbinden."
Als Srila Prabhupada im November
1977 in Vrndavana, Indien, verschied, hinterließ er eine internationale, religiöse
Organisation und ungefähr fünf- bis zehntausend Schüler, die seine Mission gemeinsam
weiterführen sollten. Sein größtes Vermächtnis waren jedoch die unschätzbaren
Übersetzungen der wichtigsten Überlieferungen der vedischen Kultur. Diese Übersetzungen
wurden vom Bhaktivedanta Book Trust aufwendig gestaltet und verlegt. Sie sind
heute von vielen religiösen Menschen geschätzte Werke echter Spiritualität und
ebenso geachtete Lehr- und Lesebücher auf den Universitäten der Welt. Sie gehören
zu den am schönsten aufgemachten und brauchbarsten religiösen Büchern der vedischen
Tradition überhaupt.
Die
wichtigsten Werke Srila Prabhupadas sind: Bhagavad-gita Wie sie ist, Srimad
Bhagavatam (dt. Ausgabe in 12 Bänden), Caitanya Caritamrita (dt. Ausgabe in 11
Bänden), Die Lehren Sri Caitanyas, Der Nektar der Hingabe, Sri Isopanisad, Der
Nektar der Unterweisung, Krishna, die Quelle aller Freude (dt. Ausgabe in 2 Bänden).
"Ich
muß zugeben, daß ich meine ganze Übersetzungsarbeit der Inspiration durch meinen
spirituellen Meister verdanke, denn ich selbst bin höchst unbedeutend und nicht
qualifiziert, diese aus materielle Sicht unmögliche Aufgabe zu bewältigen. Ich
halte mich nicht für einen besonders großen Gelehrten, doch habe ich volles Vertrauen
in den Dienst meines spirituellen Meisters, Seiner Göttlichen Gnade Srila Bhaktisiddhanta
Sarasvati Thakura. Wenn mir in meiner Übersetzungsarbeit irgendein Verdienst zukommt,
dann ist dies alles Seiner Göttlichen Gnade zu verdanken. Wenn Seine Göttliche
Gnade jetzt physisch gegenwärtig wäre, so hätte er sicher Anlaß zu großer Freude.
Doch auch wenn er körperlich nicht hier weilt, bin ich überzeugt, daß er sich
über diese Übersetzertätigkeit freut. Es bereitete ihm großes Vergnügen, wenn
er sah, daß viele Bücher zur Verbreitung der Bewegung für Krishna-Bewußtsein veröffentlicht
wurden. Deshalb hat sich diese Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewußtsein
gebildet, um die Anweisungen von Sri Caitanya Mahaprabhu und Seiner Göttlichen
Gnade Bhaktisiddhanta Sarasvati Thakura auszuführen", schreibt Srila
Prabhupada im Nachwort zum Caitanya-caritamrita.
Nach dem Verscheiden des Gründers (November 14, 1977, in Vrindavan
India), geriet ISKCON trotz vieler Bemühungen Srila Prabhupadas
in eine große Finsternis, wobei die meisten ursprünglichen
Mitglieder die Organisation verließen. Bis heute ist es der
ISKCON nicht wirklich gelungen, diese schwere Vergangenheit
zu verarbeiten und sich auf die guten Anweisungen des Gründers
zurückzubesinnen, wie die Organisation erfolgreich zu verwalten
und weiterzuführen sei. Die letzten Jahre haben jedoch gut
geführte Reformbewegungen vor allem in Indien starken Zulauf
erhalten. Glücklicherweise ist die spirituelle Botschaft Srila
Prabhupadas oder das Chanten des Heiligen Namen völlig unabhängig
von materiellen Umständen oder kirchlichen Organisationen
wie der ISKCON. Egal in welchem Zustand sich die ISKCON gerade
befindet, ob man ein Mitglied ist oder nicht, Srila Prabhupada
steht den Menschen aller Kulturen und Religionen in Form seiner
Bücher zur Verfügung und verbreitet so das Krishna-Bewußtsein
und das Chanten des Heiligen Namens.
Srila A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada war nicht einer
jener billigen Gurus aus Asien, die mit einer verwässerten
Philosophie in den Westen reisten, um die spirituelle Unerfahrenheit
der westlich
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